Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. vorstationäre Krankenhausbehandlung. Notarztprotokoll keine ärztliche Verordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Das Notarztprotokoll ist keine ärztliche Verordnung iS des § 115a Abs 1 S 1 Nr 1 Alt 1 SGB V.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Vergütung für die Behandlung eines Versicherten der Beklagten in einem von der Klägerin getragenen Krankenhaus.

Am 23. Februar 2017 wurde der bei der Beklagten versicherte E. mit dem Rettungstransportwagen in das Krankenhaus der Klägerin gebracht. Der Versicherte hatte im Beisein eines Kollegen hyperventiliert und nicht auf Ansprache reagiert. Daraufhin wurde der Notarzt alarmiert sowie der Rettungswagen. Der Notarzt gab in seinem Einsatzprotokoll als Erstdiagnose eine „Hyperventilation bei psychischer Erregung“ an. Nach Ankunft im Krankenhaus der Klägerin um 20.15 Uhr wurde der Versicherte ärztlich untersucht und anschließend beobachtet, es wurden Blut abgenommen sowie ein EKG gefertigt. Nachdem er um 23:00 Uhr nochmals ärztlich untersucht worden war, wurde er gegen Mitternacht entlassen. Im Entlassungsbericht wurde als Diagnose der Verdacht auf eine Panikattacke genannt.

Die Klägerin rechnete gegenüber der Beklagten für die Behandlung des Versicherten eine vorstationäre Pauschale in Höhe von 147,25 € ab. Die Beklagte verweigerte die Zahlung unter Hinweis auf eine fehlende Verordnung für eine vorstationäre Behandlung und verwies die Klägerin darauf, die Behandlung als Notfall über die kassenärztliche Vereinigung abzurechnen.

Am 2. März 2018 hat die Klägerin Klage erhoben.

Sie vertritt die Auffassung, dass die Pauschale für eine vorstationäre Behandlung abrechenbar sei, da das Notarzteinsatzprotokoll die Verordnung von Krankenhausbehandlung ersetze. Dies decke sich mit dem niedersächsischen Landesvertrag, dort § 3 Abs. 2 und 4. Nach dieser landesvertraglichen Regelungen werde „Krankenhausbehandlung (stationär oder teilstationär/vor- und nachstationär) durchgeführt, wenn sie - von Notfällen abgesehen - von einem Kassen -/Vertragsarzt verordnet ist und nach Art oder Schwere der Krankheit die medizinische Versorgung gemeinsam mit der pflegerischen Betreuung nur mit Mitteln eines Krankenhauses möglich ist, …“ § 3 Abs. 4 des Landesvertrages spreche davon, dass bei „Einweisung durch einen Notarzt des Rettungsdienstes in jedem Fall ein Notfall vorliegt“, welche die stationäre, also auch die vorstationäre Behandlung im Krankenhaus begründe. Dieser Ansatz decke sich insofern auch mit der gesetzlichen Regelung des § 115a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V, der auch von einer „Verordnung von Krankenhausbehandlung“ spreche, welche vorliegend ersetzt werde durch die Einweisung des Notarztes in Form des Notarzteinsatzprotokolls. Dies sehe anscheinend auch der Verband der Ersatzkassen (vdek) so, denn auf deren Webseite heiße es: „Der Aufnahme zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus geht in der Regel eine Einweisung durch einen niedergelassenen Arzt oder eine Notfalleinweisung voraus“. Die Auffassung der Beklagten, dass es sich bei dem Notarzteinsatzprotokoll lediglich um einen Zustandsbericht handele, müsse ins Leere gehen, da ein wie hier beschriebener Notfall der vorstationären Pauschale ansonsten überhaupt nicht zugänglich wäre und eine vorstationäre Behandlung in solchen Fällen gar nicht möglich sei. Das durch den Notarzt ausgefüllte Notarzteinsatzprotokoll ersetze gerade die Einweisung, denn es könne, werde der Rettungsdienst gerufen, selbstverständlich kein Vertragsarzt vorher aufgesucht werden, um eine Verordnung von Krankenhausbehandlung auszustellen. Der medizinische Sachverständige bestätige die medizinische Behandlungsnotwendigkeit im Krankenhause und begründe dies nachvollziehbar und substantiiert. Die Ansicht der Beklagten, die Leistung hätte als ambulante Notfallleistung erbracht und mit der KVN abgerechnet werden können, sei durch das Sachverständigengutachten widerlegt worden, denn es habe sich um eine vorstationäre Leistung gehandelt. Ausgehend vom Sachverständigengutachten, welches eine stationäre Leistung annehme, wäre auch eine DRG mit Abschlag abzurechnen, denn nach dem Merkmal der geplanten Aufenthaltsdauer wäre bei der hier vorliegenden Verdachts- und Arbeitsdiagnose auch eine vollstationäre Behandlung durchaus denkbar. Für den Fall der Klageabweisung werde angeregt, die Berufung zuzulassen, da der Rechtssache über den hier vorliegenden Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung zukomme und zwar im Hinblick auf die klärungsbedürftige wie klärungsfähige Frage, ob für die vorstationäre Behandlung bei Einweisung durch einen Notarzt des Rettungsdienstes ausnahmsweise auf die Verordnung von Krankenhausbehandlung gemäß vertragsärztlichem Muster verzichtet werden könne. Hiervon sei eine Vielzahl von Fällen betroffen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, einen Betrag in Höhe von 147,...

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