Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. angemessene Unterkunftskosten. Fünfpersonenhaushalt im Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt. schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers. Repräsentativität der Datenerhebung. Abbildung der Vermieterstruktur. angemessene Heizkosten. Bundesheizkostenspiegel. Flüssiggas
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Datenerhebung für die Ermittlung einer Referenzmiete zur Bestimmung angemessener Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 SGB II kann auch dann hinreichend repräsentativ sein, wenn sie nicht die auf dem Wohnungsmarkt vorhandene Vermieterstruktur von "Klein-" oder "Großvermietern" bzw "privaten und institutionellen Vermietern" proportional abbildet.
2. Die Vermietereigenschaft ist auch nach der zum 1.7.2022 in Kraft tretenden Rechtsänderung durch das Mietspiegelreformgesetz (MsRG, BGBl I 2021, 3515) und die Verordnung über den Inhalt und das Verfahren zur Erstellung und zur Anpassung von Mietspiegeln sowie zur Konkretisierung der Grundsätze für qualifizierte Mietspiegel (Mietspiegelverordnung - MsV, BGBl I 2021, 4779) kein gesetzliches mietpreisbildendes Merkmal für die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels.
3. Liegen gesicherte Erkenntnisse über die Ausprägung des Vermietertyps als ein den Mietpreis wesentlich beeinflussendes außergesetzliches Merkmal und seines Anteils an der Grundgesamtheit vor, ist im Rahmen der Datenauswertung eine Plausibilitätsprüfung durchzuführen. Sind Wohnungen mit solchen statistischen Ausprägungen offensichtlich nicht angemessen vertreten und sind dadurch Verzerrungen der Ergebnisse zu erwarten, soll einer Verzerrung durch geeignete Maßnahmen, beispielsweise durch eine korrigierende Gewichtung bei der Datenauswertung, begegnet werden.
4. Für den Landkreis Harz liegen für den Zeitraum 2013 bis 2014 keine Erkenntnisse vor, dass Vermietertypen wie Großvermieter, Kleinvermieter, Privatvermieter, private Wohnungsunternehmen oder Wohnungsgenossenschaften den Wohnwert regelmäßig wesentlich beeinflussen.
5. Liegt der Energieverbrauch mit Flüssiggas in kWh/l unterhalb des Grenzwertes für Heizöl in kWh/l nach der rechten Spalte des Bundesheizkostenspiegels, liegen keine Anhaltspunkte für unangemessene Heizkosten vor.
Tenor
1. Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 18.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.10.2013 sowie des Bescheides vom 17.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2014 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 23.04.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2015 verpflichtet, den Klägern für den Zeitraum vom 01.10.2013 bis 31.03.2014 weitere Leistungen für Heizung in Höhe von 691,27 € endgültig zu bewilligen.
2. Der Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 17.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2014 verpflichtet, den Bescheid vom 01.02.2013 abzuändern und den Klägern weitere Leistungen für die Wartung des Flüssiggastanks in Höhe von 121,38 € für den Monat März 2013 zu bewilligen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Der Beklagte hat den Klägern die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
5. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung für März 2013 sowie den Zeitraum vom 01.10.2013 bis 31.03.2014.
Die Kläger zu 1) und 2) lebten mit ihren Kindern, den Klägern zu 3) (geb. 2002), zu 4) (geb. 2006) und zu 5) (geb. 1992) seit März 2008 in einem Haus mit einer Wohnfläche von 100 m² zur Miete in G., einem Ortsteil der Stadt Harzgerode. Die Kosten der Unterkunft betrugen 535 € (Kaltmiete: 430,00 €, Nebenkosten: 105,00 €). Für Heizung und Warmwasser fielen Kosten für die Beschaffung von Flüssiggas, die Wartung des Gastanks und den Betriebsstrom an. Die Gastherme versorgte zentral die Heizung und bereitete das Warmwasser.
Mit Schreiben vom 24.09.2012 wies der Beklagte die Kläger darauf, hin, dass ihre Unterkunftskosten unangemessen seien (Richtwert: 432,25 €, tatsächlich: 535 €). Bis 31.01.2013 seien die Kostensenkungsbemühungen nachzuweisen.
Der Beklagte bewilligte den Klägern mit Bescheid vom 21.09.2012 Arbeitslosengeld II für den Zeitraum 01.10.2012 bis 31.03.2013 zunächst vorläufig. Dabei berücksichtigte er die tatsächlichen Kosten für die Unterkunft i.H.v. 535 € (Kaltmiete: 430 €; Betriebskosten: 105 €). Mit weiterem Bescheid vom 21.09.2012 bewilligte er 1.390,80 € zur Anschaffung von Flüssiggas für den Zeitraum vom 01.09.2012 bis 31.08.2013. Am 15.10.2012 kauften die Kläger 1.407 l Flüssiggas zum Preis von 1.391,31 €. Im März 2013 fielen Wartungskosten für den Flüssiggastank in Höhe von 121,38 € an (Rechnung vom 07.03.2013). Mit Bescheid vom 01.02.2013 bewilligte der Beklagte den Klägern für die Monate Februar und März 2013 die Leistungen für den Regelbedarf endgültig.
Am 11.09.2013 reichten die Kläger einen Kostenvoranschlag für die Lieferung von 4.079 Liter Flüssiggas ein und beantragten die Übernahme. Am 13.09.2013 stellten sie e...