Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitssuchende: Kosten der Unterkunft und Heizung. Angemessenheit der Unterkunftskosten. Bedeutung der tatsächlichen Wohnungsgröße für die Beurteilung der Angemessenheit von Unterkunftskosten. Wirksamkeit eines schlüssigen Konzepts. Anforderungen an die Bildung repräsentativer Datenmodelle zum Wohnungsmarkt. Ermittlung der Angemessenheitsgrenze für Heizungskosten
Orientierungssatz
1. Für die Bestimmung der Angemessenheit einer Wohnung im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende ist die Referenzmiete bezogen auf die angemessene Wohnfläche maßgeblich, nicht allein die tatsächliche Wohnungsgröße. Unterschreitet die tatsächliche Miete diese Referenzgröße, so sind die Unterkunftskosten auch dann angemessen, wenn die Wohnung größer ist, als für die Haushaltsgröße als angemessen festgesetzt.
2. Ein schlüssiges Konzept für die Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen von Unterkunftskosten im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende muss die Daten zu den Mietwohnungen repräsentativ abbilden. Daraus folgt auch die Verpflichtung, bei der Zusammenstellung der Daten zu einer Stichprobe die Verhältnisse am Mietmarkt in Bezug auf die Struktur der Vermieter (Wohnungsgesellschaften bzw. -genossenschaften, große Vermieter, kleinere Vermieter, Privatvermieter) korrekt abzubilden. Denn auch der Status des Vermieters kann einen preisbildenden Faktor darstellen.
3. Werden in einem schlüssigen Konzept zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze von Heizkosten die Daten verschiedener Wohnstandards und Heizungstypen zusammengefasst, so lässt sich daraus keine verlässliche Angemessenheitsgrenze ableiten. Vielmehr ist es erforderlich, die Angemessenheit zumindest nach Gebäudestandard und Heizmaterial differenziert zu ermitteln.
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 12. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2015 wird abgeändert und der Beklagte verurteilt, den Klägern weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1. Oktober 2014 bis 31. März 2015 iHv 83,09 € monatlich endgültig zu bewilligen und zu zahlen.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehren weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Kosten der Unterkunft und Heizung, betreffend den Leistungszeitraum vom 1. Oktober 2014 bis 31. März 2015. Umstritten ist hierbei die Anwendbarkeit des nachgebesserten Konzepts für die angemessenen Kosten von Unterkunft und Heizung ab dem 1. August 2012 mit Fortschreibung ab dem 1. August 2014.
Die 1966 geborene Klägerin zu 1. und ihre 2002 geborene leibliche Tochter, die Klägerin zu 2., beziehen als sogenannte Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts seit dem 1. Januar 2005. Sie bewohnen seit November 2004 eine 4-Raum-Mietwohnung in L. (Gemeinde Nordharz im Landkreis Harz) mit einer Wohnfläche von ca. 70 m² bei einer Bruttokaltmiete iHv 392,37 € nebst Vorauszahlungen für Heizkosten iHv 87,32 € monatlich.
Der Beklagte wies die Kläger mit Schreiben vom 1. November 2012 auf die seiner Ansicht nach unangemessenen Unterkunftskosten hin und forderte sie zur Kostensenkung auf.
Mit Bescheid vom 15. September 2014 bewilligte der Beklagte auf den Fortzahlungsantrag der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Oktober 2014 bis zum 31. März 2015 iHv 904,32 € monatlich. Eingeflossen waren Kosten der Unterkunft und Heizung iHv 306,00 € plus 83,40 €. Nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch die Klägerin zu 1. erfolgte eine vorläufige Bewilligung der Leistungen mit Bescheid vom 20. Oktober 2014 für November 2014 bis März 2015 und mit Bescheid vom 17. November 2014 eine Anpassung der Regelleistung ab Januar 2015.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 12. März 2015 bewilligte der Beklagte wegen einer Änderung durch eine neue Richtlinie zu den angemessenen Kosten von Unterkunft und Heizung ab August 2014 Leistungen für Oktober 2014 bis März 2015 unter Berücksichtigung einer höheren Bruttokaltmiete iHv 313,20 € monatlich. Eine Rückforderung bezüglich der Heizkosten bei einem neuen Wert von 81 € werde nicht erfolgen. Er legte weiterhin 83,40 € zugrunde.
Hiergegen wandten sich die Kläger am 1. April 2015 mit Widerspruch und begehrten die Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten von Unterkunft und Heizung. Ein schlüssiges Konzept zu den angemessenen Kosten von Unterkunft und Heizung liege nicht vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung verwies er auf das Konzept zu den angemessenen Kosten von Unterkunft und Heizung. Es sei lediglich eine Neuberechnung zugunsten der Kläger erfolgt.
Die Kläger haben am 13. August 2015 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Sie machen ausschließlich weitere Ansprüche bezüglich der Kosten der Unterkunft und Heizung geltend und rügen, das...