Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs zwischen Unfall- und Krankenversicherungsträger
Orientierungssatz
1. Nach § 105 Abs. 1 S. 1 SGB 10 ist der zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 SGB 10 vorliegen. Unzuständig ist derjenige Leistungsträger, der die Sozialleistung unter Verstoß gegen die Regelungen der örtlichen oder sachlichen Zuständigkeit erbracht hat.
2. Bei Erstattungsstreitigkeiten einer Krankenkasse gegen einen Unfallversicherungsträger und umgekehrt gilt, dass die Feststellungslast bei Nichterweislichkeit der Voraussetzungen einer Leistungspflicht des Unfallversicherungsträgers den Krankenversicherungsträger trifft. Die grundsätzliche Zuständigkeit des Krankenversicherungsträgers für die Erbringung von Leistungen wegen Krankheits- bzw. Unfallfolgen bleibt nach § 11 Abs. 5 SGB 5 solange bestehen, bis die Leistungspflicht des Unfallversicherungsträgers feststeht.
3. Maßgeblich für die Abgrenzung zwischen unfallversicherter beruflicher und unversicherter privater Tätigkeit ist u. a. die Handlungstendenz des Betroffenen. Hat sich danach der Unfall bei einer unfallversicherten Tätigkeit ereignet, so ist ein Kostenerstattungsanspruch des Unfallversicherungsträgers gegen den Krankenversicherungsträger ausgeschlossen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von ihr für die Zeit vom 19.06. bis zum 04.09.2009 aus Anlass von Sturzverletzungen des im Jahre 1971 geborenen Beigeladenen erbrachter Leistungen (stationäre Krankenhausbehandlung, Krankengymnastik, Transportkosten sowie Verletztengeld einschließlich Sozialversicherungsbeiträge) i. H. von insgesamt € 4.560,47.
Der bei der ... in ... als Arbeiter beschäftigte und als solcher bei der Beklagten gesetzlich unfallversicherte Beigeladene entfernte am 19.06.2009 entsprechend eines ihm erteilten Auftrages Unkraut von einem erdbedeckten Tanklager auf dem Betriebsgelände seiner Arbeitgeberin. Unmittelbar angrenzend an das mehrere Meter hohe und über zwei Leitern zu erreichende Tanklager, einem Gastank mit senkrechten Betonwänden und darüber angelegter Erdböschung, befindet sich ein Lagergebäude des Nachbarbetriebes, dessen Dach in Höhe des rückwärtigen Fußes der Erdböschung des Tanklagers an dieses anschließt. Das Dach ist bis auf eine vom Tanklager ca. 5 bis 7 Meter entfernte Lichtluke aus Kunststoff im Wesentlichen mit Eternit gedeckt. Gegen 15:00 Uhr brach der Beigeladene durch die Lichtluke und stürzte auf eine darunter stehende Steinschneidemaschine. Zeugen für den Unfallhergang gibt es nicht; dem Beigeladenen fehlt jede Erinnerung an den Unfall und den Grund für das Betreten des Nachbardaches. Bei dem Sturz zog er sich ein offenes Schädel-Hirn-Trauma mit Gehirnerschütterung, eine Risswunde am Kopf, eine Nasenbeinfraktur, eine Orbitadachfraktur (Fraktur der Augenhöhle) links mit Lufteinschluss in der Orbita, verschiedene Hämatome am Kopf, eine Schulterblattfraktur links, eine Handgelenksprellung sowie eine Halswirbelsäulendistorsion zu.
Wegen der bei dem Sturz erlittenen Verletzungen wurde der Beigeladene am Unfalltage durch einen Rettungswagen in das Universitätsklinikum ... verbracht, wo er bis zum 24.06.2009 stationär behandelt wurde. Darüber hinaus erfolgten in der Zeit vom 24.07. bis zum 04.09.2009 krankengymnastische Behandlungen. Vom 01.08.2009 bis zum 14.08.2009 bezog der Beigeladene von der Beklagten Verletztengeld.
Mit an den Beigeladenen gerichtetem Bescheid vom 11.08.2009 und Widerspruchsbescheid vom 15.10.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalles vom 19.06.2009 als Arbeitsunfall ab. Ein Arbeitsunfall liege nur dann vor, wenn bewiesen sei, dass zum Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit verrichtet worden sei. Ein solcher Nachweis lasse sich aber nicht führen. Insbesondere lasse sich nicht feststellen, aus welchem Grund der Beigeladene das Nachbardach betreten habe und ob er dort zum Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit verrichtet habe. Der Vermutung seiner Arbeitgeberin, der Beigeladene sei auf dem Rückweg von seiner Tätigkeit auf dem Tanklager gewesen, stehe entgegen, dass es von dem Dach keine Abstiegsmöglichkeit gegeben habe und er zudem auch sein Werkzeug am Tanklager zurückgelassen habe. Seine eigene Vermutung, er könne rückwärts auf das Nachbardach gestürzt sein, sei ebenso wenig wahrscheinlich, da die Absturzstelle für einen solchen Geschehensablauf zu weit von der Böschung des Tanks entfernt liege.
Mit Schreiben vom 27.08.2009, 15.09.2009, 13.11.2009, 12.01.2010, 05.03.2010 und vom 04.06.2010 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten, der Krankenversicherung des Beigeladenen, die Erstattung der von ihr erbrachten Leistungen für den Krankentransport, die stationäre Krankenhausbehandlung und die krankengymnastischen Behan...