Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. zugelassener Hilfsmittelerbringer nach altem Recht. Übergangsvorschrift des § 126 Abs 2 SGB 5. Vertrauensschutz bis 31.12.2008
Leitsatz (amtlich)
Die Übergangsvorschrift des § 126 Abs. 2 SGB V führt zu einem weit reichenden Vertrauensschutz für nach altem Recht zugelassene Leistungserbringer bis zum 31. Dezember 2008. Sie greift auch dann ein, wenn die Krankenkasse bereits gemäß § 127 Abs. 1 SGB V nach erfolgter Ausschreibung Verträge über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln geschlossen hat.
Tenor
Im Wege der einstweiligen Anordnung wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, die Antragstellerin bis zum 31. Dezember 2008 (längstens jedoch bis zum rechtskräftigen Abschluss eines eventuellen Hauptsacheverfahrens) zur Versorgung ihrer Versicherten mit Anti-Dekubitus-Systemen zuzulassen.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 37.500 € festgesetzt.
Gründe
Dem am 17. April 2008 (Eingangsdatum) gestellten Antrag,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin bis zum 31. Dezember 2008 zur Versorgung der Versicherten der Antragsgegnerin mit Hilfsmitteln der Anti-Dekubitus-Prophylaxe und der Anti-Dekubitus-Behandlung (sog. Anti-Dekubitus-Systeme) zuzulassen,
war stattzugeben, da er zulässig und begründet ist.
Im vorliegenden Fall wäre im Hauptsacheverfahren die Feststellungsklage die statthafte Klageart, so dass Eilrechtsschutz über die Regelung des § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu gewähren ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86b Rn. 26).
Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Erforderlich ist insoweit ein Anordnungsanspruch, d.h. ein subjektiv-öffentliches Recht des Antragstellers, für das er einstweiligen Rechtsschutz durch eine vorläufige gerichtliche Regelung begehrt. Neben dem Anordnungsanspruch setzt § 86b Abs. 2 SGG einen Anordnungsgrund voraus. Ein solcher ist bei Dringlichkeit der begehrten Entscheidung gegeben, d.h. das Abwarten einer Hauptsacheentscheidung muss dem Antragsteller unzumutbar sein. Das Vorliegen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrunds muss der Antragsteller gemäß § 86b Abs. 2 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft machen. Die einen Anordnungsanspruch oder Anordnungsgrund begründenden Tatsachen sind glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen für das beschließende Gericht überwiegend wahrscheinlich ist.
Diese Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die Antragstellerin hat sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Materielle Rechtsgrundlage für das Begehren der Antragstellerin ist die Regelung des § 126 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Danach bleiben abweichend von § 126 Abs. 1 S. 1 SGB V Leistungserbringer, die am 31. März 2007 über eine Zulassung nach § 126 SGB V a. F. verfügten, bis zum 31. Dezember 2008 zur Versorgung der Versicherten berechtigt. Die zitierte Vorschrift, von der hier vorübergehend suspendiert wird, besagt, dass Hilfsmittel grundsätzlich nur auf der Grundlage von Verträgen nach § 127 Abs. 1, 2 und 3 SGB V abgegeben werden. Auf dieser Basis wäre die Antragstellerin nicht zur Versorgung der Versicherten der Antragsgegnerin mit den streitgegenständlichen Hilfsmitteln berechtigt. Denn die Antragsgegnerin hat eine Ausschreibung nach § 127 Abs. 1 S. 1 SGB V durchgeführt und auf diesem Weg einen Vertrag mit einem anderen Leistungserbringer abgeschlossen. Gegen die Rechtmäßigkeit dieser Vorgehensweise bestehen keine Bedenken. Insoweit erhebt auch die Antragstellerin keine Einwendungen.
Im vorliegenden Fall sind jedoch die Voraussetzungen der eingangs erwähnten Übergangsvorschrift des § 126 Abs. 2 SGB V erfüllt. Denn die Antragstellerin war am 31. März 2007 eine zugelassene Leistungserbringerin bezüglich der Versorgung von gesetzlich krankenversicherten Personen mit den streitgegenständlichen Hilfsmitteln. Die Zulassung nach § 126 SGB V a.F. erfolgte durch Bescheid der Verbände der Krankenkassen in Hessen vom 22. Oktober 2003. Sie umfasste ausdrücklich die Versorgung von Versicherten der Antragsgegnerin mit Hilfen gegen Dekubitus. Weitere Tatbestandsvoraussetzungen kennt die Regelung des § 126 Abs. 2 SGB V nicht. Sie führt damit zu einem weit reichenden Vertrauensschutz für nach altem Recht zugelassene Leistungserbringer (ebenso im Ergebnis TN., MedR 2008, 206 ff.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.02.2008 - L 1 B 41/08 KR ER - sowie die weiteren in der Antragsschrift zitierten Entscheidungen; anderer Ansicht LSG Sachsen, Beschluss vom 29.04.2008 - L 1 B 207/08 KR-ER -). Dies entspricht nach Ansicht der Kammer den W...