Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung des Rechtsstreits

 

Leitsatz (amtlich)

Eine für die Erledigung kausale anwaltliche Mitwirkung iS der Gebührenziffer 1006 VV RVG liegt bei Annahme eines Teilanerkenntnisses und Klagerücknahme im Übrigen vor, wenn der Rechtsanwalt das "Angebot" der Gegenseite mit dem eigenen Mandanten ausführlich erörtert und der Rechtsstreit in der Folge unstreitig beigelegt wird.

 

Tenor

Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13. Juni 2008 wird auf die Erinnerung der Klägerin dahingehend abgeändert, dass die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten für das Klageverfahren auf insgesamt 822,65 Euro festgesetzt werden.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der zu Gunsten der Klägerin erstattungsfähigen Kosten für das erledigte Klageverfahren. Im vorliegenden Erinnerungsverfahren steht noch eine Erledigungsgebühr im Streit.

In der Hauptsache begehrte die Klägerin mit ihrer am 22. August 2006 (Eingangsdatum) erhobenen Klage die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Pflegegeld nach Pflegestufe III ab 9. Januar 2006. Mit Schriftsatz vom 25. Januar 2007 legitimierte sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin unter Hinweis auf deren Vollmacht vom 23. Januar 2007. Unter dem 6. März 2007 legte er eine Klagebegründung vor. Im Klageverfahren holte das Gericht mit Beweisanordnung vom 8. März 2007 ein Sachverständigengutachten bei Frau E. ein, das am 8. April 2007 erstattet wurde. Die gerichtliche Sachverständige kam zu dem Ergebnis, die Voraussetzungen der Pflegestufe III seien im Fall der Klägerin nicht erfüllt. Nach einer klägerischen Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme bot die Beklagte mit Schriftsatz vom 18. Juni 2007 ein Teilanerkenntnis dahingehend an, der Klägerin ab 1. März 2007 Leistungen nach Pflegestufe III zu gewähren sowie deren außergerichtliche Kosten zu erstatten. Die Zahlung erfolge, wenn die Klägerin das Teilanerkenntnis annehme. Im Übrigen werde Klageabweisung beantragt. Am 26. Juni 2007 nahm die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten das Teilanerkenntnis an und nahm die darüber hinaus gehende Klageforderung zurück.

In der Folgezeit begehrte die Klägerin von der Beklagten die Übernahme folgender Gebühren:

- Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV RVG

= 250 Euro,

- Terminsgebühr gemäß Nr. 3106 VV RVG

= 200 Euro,

- Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1005, 1002 VV RVG

= 280 Euro,

- Post- und Telekommunikationsentgeltpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG  

= 20 Euro,

- Dokumentenpauschale für Ablichtungen gemäß Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG

= 31,30 Euro,

- 19 % Umsatzsteuer =

148,45 Euro,

 in der Summe also

929,75 Euro.

Die Beklagte gab daraufhin ein Anerkenntnis in Höhe von 596,55 Euro (inkl. USt.) ab, verwahrte sich jedoch gegen die Übernahme der Erledigungsgebühr. Sodann beantragten beide Beteiligten die gerichtliche Kostenfestsetzung. Dabei reduzierte der klägerische Prozessbevollmächtigte die geforderte Erledigungsgebühr auf 190,00 Euro (zzgl. USt.).

Die zuständige Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Marburg setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13. Juni 2008 die zu erstattenden Kosten fest und reduzierte dabei die von der Beklagten zu übernehmenden Anwaltsgebühren auf insgesamt 596,55 Euro. Zur Begründung führte sie aus, dass die zwischen den Beteiligten allein streitige Erledigungsgebühr nicht entstanden sei. Hierzu fehle es an einer besonderen anwaltlichen Mitwirkung bei der Beilegung des Rechtsstreits.

Gegen den ihr am 16. Juni 2008 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 24. Juni 2008 beim Sozialgericht Marburg Erinnerung erhoben, der die zuständige Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle nicht abgeholfen hat (Vermerk vom 18. Juli 2008).

Die Erinnerungsführerin beantragt sinngemäß, unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 13. Juni 2008 die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten für das Klageverfahren auf insgesamt 822,65 Euro festzusetzen.

Die Erinnerungsgegnerin beantragt sinngemäß, die Erinnerung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands und insbesondere wegen des Vorbringens der Klägerin zur Begründung der von ihr erhobenen Erinnerung wird auf die Gerichtsakte verwiesen.

II.

Die gemäß § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und form- und fristgerecht erhobene Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Marburg vom 13. Juni 2008 ist zulässig und begründet.

Die angegriffene Kostenfestsetzung durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist abzuändern, da sie die Anwaltsgebühren für das vorliegende Klageverfahren zu niedrig festsetzt. Gegen die Beklagte sind Kosten in Höhe von insgesamt 822,65 Euro festzusetzen.

Die Klägerin hat ihre Erinnerung in zulässiger Weise auf die Festsetzung einer Erledigungsgebühr in Höhe von 190,00 Euro zzgl. 19 % USt. in Höhe von 36,10 Euro, also insgesamt die Summe von 226,10 Euro beschränkt. E...

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