Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. keine grundsätzliche Behandlung von Männern durch Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Einhaltung von Fachgebietsbegrenzungen
Leitsatz (amtlich)
Eine Behandlung von Männern durch Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe ist grundsätzlich nicht möglich. Dies gilt auch für die Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung von Opiatabhängigen.
Orientierungssatz
1. Die Grenzen der auf landesrechtlicher Grundlage beruhenden Fachgebietsbezeichnungen sind auch bei der vertragsarztrechtlichen Tätigkeit einzuhalten (vgl BSG vom 20.10.2004 - B 6 KA 67/03 R = BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, RdNr 18 und BSG vom 8.9.2004 - B 6 KA 27/03 R = SozR 4-2500 § 95 Nr 7 RdNr 13 mwN).
2. Zu Leitsatz siehe BSG vom 20.10.2004 - B 6 KA 67/03 R aaO
3. Aktenzeichen beim LSG Darmstadt: L 4 KA 31/14.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Genehmigung zur Abrechnung von Behandlungen von Männern durch die Klägerin als Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und dies insbesondere im Rahmen von Substitutionsbehandlungen.
Die Klägerin ist als Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe zur vertragsärztlichen Versorgung seit 01.11.2009 in A-Stadt zugelassen. Sie hat eine Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis vom 13.09.2010 zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung von Opiatabhängigen. Die Zweigpraxis befindet sich in C-Stadt.
Die Klägerin beantragte mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 08.11.2012 die Behandlung von männlichen Patienten im Bereich der suchtmedizinischen Grundversorgung ohne den Ansatz einer Begrenzung von 3 % der Behandlungsfälle, jedenfalls bis zur Grenze der maximal für sie zulässigen Gesamtfallzahl, und die Auszahlung des ungekürzten Honorars ab dem Quartal III/12. Zur Begründung führte sie aus, nach der vom Vorstand beschlossenen Regelung dürften Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe lediglich in einem begrenzten Rahmen von 3 % der Gesamtfallzahl Leistungen bei männlichen Patienten berechnen, abgesehen von Notfällen, präventiven Impfleistungen und Leistungen der Reproduktionsmedizin. Darunter fielen nach Auffassung der Beklagten im Quartal III/12 auch die Behandlungen von fünf Männern. Lediglich bei zwei dieser Patienten handele es sich um gynäkologische Behandlungen, von insgesamt 2011 Fällen seien dies weniger als 3 %. Bei den drei weiteren männlichen Patienten handele es sich um suchtmedizinische Behandlungen in ihrer Zweigpraxis. Seit November 2008 sei sie berechtigt zur Führung der Zusatzbezeichnung “Suchtmedizinische Grundversorgung„. In ihrer Zweigpraxis dürfe sie substitutionsgeschützte Behandlungen von Opiatabhängigen durchführen. Diese Genehmigung sei unabhängig von ihrem Facharztstatus. Auf diese Patienten könne die 3 %-Regelung nicht angewandt werden. Die Genehmigung entscheide nicht zwischen weiblichen und männlichen Opiatabhängigen und beschränke sich nicht auf die Behandlung von weiblichen Personen. Sie behandle in C-Stadt lediglich acht männliche Substitutionspatienten, dies falle kaum ins Gewicht angesichts ihrer Fallzahl im dreistelligen Bereich. Deren Versorgung sei jedoch für sie von existenzieller Bedeutung, denn sie erhalte für ihre Tätigkeit in der Zweigstelle in C-Stadt keinen einzigen Cent, wobei ihr im Ergebnis wegen der 3 %-Regelung weniger als die Hälfte derjenigen vertragsärztlichen Vergütung gekürzt werde, die hier ohne diese Kürzungen aus der gesamten vertragsärztlichen Tätigkeit in C-Stadt und A-Stadt zustünde.
Die Beklagte wies mit Bescheid vom 22.01.2013 den Antrag ab. Sie wies auf § 2 ihrer Abrechnungsrichtlinien hin, wonach bei der Rechnungslegung die Grundsätze der Weiterbildungsordnung zu beachten seien, wonach Ärzte, die eine Gebietsbezeichnung führten, grundsätzlich nur in diesem Gebiet und Ärzte, die eine Teilgebiets- bzw. Schwerpunktbezeichnung führten, im Wesentlichen nur in diesem Teilgebiet bzw. Schwerpunkt tätig werden dürften. Wenn die eingereichten Behandlungsfälle eindeutig erkennen ließen, dass sie nicht dem Fachgebiet des behandelnden Arztes zuzuordnen seien, könnten diese ausnahmsweise bis zu 3 % der Gesamtfallzahl in die Abrechnung einbezogen werden, soweit die entsprechenden Leistungen nach den Vorgaben des EBM für die betreffenden Fachgruppe abrechnungsfähig seien. Grundsätzlich könne auch aus Gründen der Sicherstellung keine Abweichung von der Bestimmung erfolgen.
Hiergegen legte die Klägerin am 21.02.2013 den Widerspruch ein. Für die suchtmedizinische Betreuung rechne sie die arztgruppenübergreifenden allgemeinen Gebührenordnungspositionen ab, nämlich Leistungen nach Nr. 01950, 01951 und 01952 EBM. Zur Abrechnung dieser Leistungen sei sie berechtigt. Auf die Anwendung der 3 %-Regelung komme es daher gar nicht an. Jedenfalls stehe ihr auf Grund der suchtmedizinischen Behandlung eine Ausna...