Entscheidungsstichwort (Thema)

Private Pflegeversicherung. Verhinderungspflege. anteilsmäßige Kürzung der Höchstleistung

 

Orientierungssatz

Sind Leistungen der Verhinderungspflege für einzelne Tage zu gewähren, so ist die Höchstleistung von 2800 DM nicht anteilsmäßig auf 100 DM kalendertäglich zu begrenzen.

 

Nachgehend

Hessisches LSG (Urteil vom 16.03.2000; Aktenzeichen L 14 P 587/99)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt für seinen am 26. Mai 1988 geborenen schwerstpflegebedürftigen Sohn die anteilige Übernahme der Kosten für Verhinderungspflege ohne Begrenzung auf 100,-- DM pro Tag.

Der Kläger ist bei der Gemeinschaft privater Versicherungsunternehmen zur Durchführung der Pflegeversicherung nach dem Pflegeversicherungsgesetz für die Mitglieder der Postbeamtenkrankenkassen und der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten (GPV) pflegeversichert. Der von Geburt an schwerstpflegebedürftige Sohn des Klägers R F ist über den Kläger mitversichert. Der Kläger erhält für seinen Sohn Leistungen von der privaten Pflegeversicherung (Pflegestufe III) nach § 1 6c der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung, Bedingungsteil-MB/PPV 1996 (MB/PPV 1996).

Da der Kläger und seine Ehefrau, die zusammen die Rund-um-die-Uhr-Pflege ihres Sohnes gewährleisten, beabsichtigten, in der Zeit vom 17. August bis zum 21. August 1998 einen Kurzurlaub zu machen und ihren Sohn bei dem Verein für behinderte Menschen e.V. -- MINO -- in M gegen einen Tagespflegesatz von 255,-- DM in Pflege zu geben, beantragte der Kläger mit Schreiben vom 01. Juli 1998 die Übernahme der Kosten für die Verhinderungspflege bei der Beklagten. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 07. Juli 1998 mit, daß nur eine Erstattung der Kosten unter Zugrundelegung eines Tageshöchstsatzes von 100,-- DM erfolgen könne.

Die am 29. Juli 1998 vom Kläger beim Sozialgericht Marburg erhobene Klage richtet sich insbesondere auf die Übernahme der Kosten für die durch den Verein MINO in der Zeit vom 17. August bis zum 21. August 1998 durchgeführte Verhinderungspflege ohne die von der Beklagten vorgenommene Begrenzung auf 100,-- DM je Tag.

Zur Begründung der Klage trägt der Kläger unter Berufung auf das rechtskräftige Urteil des SG Marburg vom 01. Juli 1997 -- S 6 P 189/97 -- im wesentlichen vor, daß den Regelungen des § 39 Sozialgesetzbuch, Elftes Buch -- SGB XI -- bzw. des inhaltsgleichen § 4 A 6 MB-PPV 1996 entgegen der Auffassung der Beklagten nicht entnommen werden könne, daß bei Inanspruchnahme von Verhinderungspflege von weniger als 4 Wochen pro Kalenderjahr nur eine Kostenerstattung von maximal 100,-- DM pro Tag in Betracht komme, da der Höchstbetrag von 2.800,-- DM anteilsmäßig auf eine tägliche (Höchst-) Leistung von 100,-- DM zu kürzen sei. Eine derartige Auslegung lasse sich dem Wortlaut des Gesetzes nicht entnehmen. Die Beklagte könne sich bei der Auslegung auch nicht auf § 37 Abs. 2 SGB XI stützen, da Sinn und Zweck dieser Kürzungsregelung nicht auf die in § 39 SGB XI geregelte Verhinderungspflege übertragbar sei.

Der Kläger beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit der Verhinderungspflege vom 17. August 1998 bis zum 21. August 1998 unter Zugrundelegung eines Tagessatzes von 255,-- DM noch den Restbetrag von 155,-- DM zu zahlen,

2.

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, für den über den Kläger mitversicherten schwerstpflegebedürftigen Sohn R-L F in Zukunft Verhinderungspflege gemäß § 39 SGB XI bzw. § 4 A 6 MB/PPV 96 in Verbindung mit PV Ziffer 3 jährlich auf entsprechenden Antrag bis maximal DM 2.800,-- und maximal 28 Tage, jedoch nicht begrenzt auf DM 100,-- je Tag zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält die Kürzung der Pflegekosten auf 100,-- DM täglich mit dem Zweck des Gesetzes vereinbar, da eine unterschiedliche Behandlung von Beziehern von Pflegegeld gemäß § 4 A 2 MB/PPV 1996, bei denen eine Kürzung ausdrücklich gemäß § 4 A 3 MB/PPV 1996 entsprechend § 37 Abs. 2 SGB XI vorgesehen ist, und von Empfängern von Leistungen der Verhinderungspflege nicht gewollt sein könne. Zwar fehle sowohl im MB/PPV 1996 als auch im SGB XI ein eindeutiger Hinweis darauf, daß eine Kürzung im Sinne des § 4 A 3 MB/PPV 1996 (entsprechend § 37 Abs. 2 SGB XI) auch für Fälle der Verhinderungspflege im Sinne des § 4 A 6 MB/PPV 1996 vorzunehmen sei, es fehle jedoch auch ein gegenteiliger Hinweis. Ferner würden auch die Beihilfevorschriften des Bundes anders als im SGB XI die Kürzung ausdrücklich vorsehen. Die Beklagte beabsichtigt, auch bei künftigen Anträgen des Klägers auf Übernahme der Kosten für Verhinderungspflege die Leistungen auf 100,-- DM je Tag zu begrenzen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

 

Entscheidungsgründe

Hinsichtlich der Klageanträge unter Ziffer 1 und 2 liegt eine zulässige objektive Klagehäufung vor (§ 56 SGG).

Der Klageantrag unter Ziffer 1 i...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge