Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Zweigpraxis. ambulante Operation. Versorgungsverbesserung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Versorgungsverbesserung liegt nicht darin, dass Patienten, die am Praxissitz ambulant operiert werden, die Wege zur Voruntersuchung und Nachsorge durch eine Zweigpraxis erleichtert werden.

2. Eine Versorgungsverbesserung liegt jedenfalls solange nicht vor, wie eine Ermächtigung auch für die Leistungen besteht, die in einer Zweigpraxis erbracht werden sollen.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen

2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Genehmigung einer Zweigpraxis in FO.

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in A-Stadt (Rhön). Sie besteht aus einem Facharzt für Orthopädie und drei Fachärzten für Chirurgie mit dem Schwerpunkt Unfallchirurgie. Dr. med. D ist ferner berechtigt, die Schwerpunktbezeichnung Handchirurgie zu führen.

Die Klägerin beantragte am 09.03.2007 die Genehmigung einer Zweigpraxis in FO.. Sie trug vor, die Versorgung in FO. sei aufgrund der dort vorhandenen drei Chirurgensitze eingeschränkt. Sie hätte einen Patientenzustrom in ihre Praxis auch aus dem Raum FO.. Sie sei von niedergelassenen Neurologen darauf hingewiesen worden, dass viele nicht gut gehfähige Patienten bzw. Patienten ohne Fahrgelegenheit Schwierigkeiten hätten, in ihre Praxis zu kommen, um dort notwendige Behandlungen und auch Operationen zu erhalten. Mit der Zweigpraxis bestehe die Möglichkeit, in FO. Voruntersuchungen vorzunehmen und dort auch die Nachbehandlungen durchführen zu können. Die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten an ihrem Hauptsitz sei nicht beeinträchtigt, da sie mit drei Chirurgen und einem Orthopäden die Behandlung vor Ort gewährleisten könne. Sie wolle die Praxis in FO. anteilig besetzen. Als Sprechstundenzeit plane sie montags bis freitags von 9:00 Uhr bis 13:00 Uhr und Montag, Dienstag, Donnerstag von 15:00 Uhr bis 18:00 Uhr. Sie spreche sich auch gegen eine Sonderzulassung eines Chirurgen in Y. aus, da sie auch Y.er Patienten übernehmen könne. Eine Sonderbedarfszulassung eines Chirurgen in FO. sei nicht notwendig, da sie bereits eine Zweigpraxisgenehmigung beantragt habe.

Herr Dr. med. E, Facharzt für Chirurgie und Kinderchirurgie mit Praxissitz in FO., erklärte unter Datum vom 30.03.2007, er sei mit einer Genehmigung einer Zweigpraxis in FO. nicht einverstanden. Auch Dr. F sprach sich für die Gemeinschaftspraxis Dr. G und Kollegen, FO, gegen eine Genehmigung aus. In diesem Sinne äußerte sich auch der Chirurg H für die Gemeinschaftspraxis H/Dr. H.

Mit Bescheid vom 14.05.2007 wies die Beklagte den Antrag auf Genehmigung zur Durchführung einer Zweigpraxis in FO. ab. Im Bescheid führte sie aus, eine Verbesserung der Versorgungssituation werde nicht gesehen, da der Planungsbereich “Landkreis FO.„ wegen Überschreitung der Höchstversorgungsgrenze von 110% von Chirurgen gesperrt sei und deshalb von einer ausreichenden chirurgischen Versorgung im Planungsbereich ausgegangen werden könne. Darüber hinaus sei auf Anfrage von den niedergelassenen Chirurgen in FO. mitgeteilt worden, dass der chirurgische Versorgungsbedarf vor Ort problemlos durch diese abgedeckt werden könne. Eine Wohnortanalyse der Patienten der Klägerin aus dem Quartal I/07 habe ergeben, dass lediglich 109 Patienten aus FO. behandelt worden seien, das entspreche 5,08% der Gesamtfallzahl. Die Entfernung zwischen FO. und A-Stadt betrage ca. 27 Kilometer, rund 30 Auto-Minuten. Es bestehe zwischen FO. und A-Stadt eine Bahnlinie, auf der Züge stündlich in beide Richtungen verkehrten. Die Fahrzeit betrage ca. 40 Minuten. Die zu bewältigende Wegstrecke von FO. nach A-Stadt dürfe somit für die Patienten zumutbar sein.

Hiergegen legte die Klägerin am 11.06.2007 Widerspruch ein. Sie führte aus, eine handchirurgische Versorgung sei in FO. nur eingeschränkt möglich und sie sei mehrfach von Neurologen aufgefordert worden, eine Zweigpraxis in FO. zu errichten. Bei den Praxen in FO. handele es sich um eine gefäßchirurgisch und eine unfallorthopädisch orientierte Praxis. Proktologische Maßnahmen, Hämorrhoiden-Operationen und Leistenhernien-Operationen würden nicht durchgeführt werden. Es gehe auch um das Einzugsgebiet in FO, dies betreffe die Ortschaften XX., YY., ZZ. und andere. Von diesen Ortschaften müsse man zunächst nach FO. fahren, um dann weiter mit dem Zug nach A Stadt zu kommen. Das bedeute Wegstrecken von mindestens 2,5 Stunden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2007, der Klägerin am 23.10. zugestellt, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Das Vorhaben sei als Zweigpraxis anzusehen, da in FO. die gleichen Leistungen wie am Hauptsitz der Praxis in A-Stadt erbracht werden sollten und die Patienten auch nicht zunächst in A-Stadt einen ersten Kontakt aufnehmen sollten. Von einer Verbesserung der Versorgungssituation sei dann auszugehen, wenn eine Bedarfslücke bestehe, die zwar nicht unbedingt geschlossen werden ...

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