Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsarzt. Abrechnung der Betreuungsleistung nach Nr 01770 EBM (juris: EBM-Ä 2008)

 

Leitsatz (amtlich)

Die Betreuungsleistung nach Nr 01770 EBM kann auch dann nur von einem Vertragsarzt je Quartal und schwangerer Versicherter abgerechnet werden, wenn mehrere Vertragsärzte gleich aus welchem Grund - mit der Betreuung befasst sind (vgl BSG vom 11.2.2015 - B 6 KA 15/14 R - SozR 4-2500 § 106a Nr 13, juris Rn 20 ff). Die Feststellung der Schwangerschaft und damit die erstmalige Abrechnung der Nr 01770 EBM hat nach objektiven Kriterien der Befundung zu erfolgen. Es kommt nicht auf die Kommunikation des Arztes mit der Patientin wie Mitteilung der Schwangerschaft oder gar Aushändigung des Mutterpasses bzw Eintragung der weiteren Schwangerschaft im Mutterpass an.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

3. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Leistung nach Nr. 01770 EBM (Betreuung einer Schwangeren) im Quartal III/15 im Behandlungsfall der Patientin D. D. (Barmer GEK), geb. 1989, im Wert von 107,30 €.

Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft mit Praxissitz in A-Stadt. In ihr sind zwei zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Fachärzten für Frauenheilkunde und Geburtshilfe tätig.

Die Beklagte setzte auf Antrag der Krankenkasse mit Honorarberichtigungsbescheid vom 21.06.2016 die strittige Leistung nach Nr. 01770 EBM für das Quartal III/15 ab, weil die Klägerin die Leistung als Zweitbehandlerin abgerechnet habe. Nach BSG, Urteil vom 11.02.2015 - B 6 KA 15/14 R - sei die Abrechnung ausschließlich durch den erstbehandelnden Gynäkologen je Quartal zulässig. Eine Korrektur für den Fall, dass der zweitbehandelnde Arzt entweder nicht wisse, dass die Schwangere schon bei einem anderen Vertragsarzt in Behandlung gewesen sei, oder dass dieser die Betreuung in Kenntnis der Vorbehandlung vollständig übernehme, sei nach der Entscheidung nicht geboten. Der Vertragsarzt könne durch Befragung der Versicherten (Mutterpass) klären, ob eine Vorbehandlung erfolgt sei.

Hiergegen legte die Klägerin am 27.06.2016 Widerspruch ein. Sie trug vor, Herr Dr. A. habe die Patientin ab der Frühgravidität in der 5. Schwangerschaftswoche bis zur Geburt als behandelnder Gynäkologe betreut. Am 17.09.2015 sei die Frühschwangerschaft in der Praxis festgestellt worden. Die schwangerschaftsrelevanten Blutuntersuchungen sowie BG-Bestimmung, Vorsorgeuntersuchungen u. s. w. seien von ihm veranlasst worden. Er sei der Hauptbehandler, weshalb die Leistung nicht gekürzt werden könne.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2017 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die strittige Leistung sei im Quartal III/15 bereits am 10.09.2015 in einer anderen betreuenden BAG mit Diagnoseangaben wie z. B. "Untersuchung und Feststellung einer Schwangerschaft", "Blutung in der Frühschwangerschaft" zum Ansatz gebracht worden. Die Anzahl der Arzt-Patientenkontakte habe darüber hinaus bei der BAG höher als bei der Klägerin gelegen, so dass in diesem Quartal der Leistungsinhalt erfüllt worden sei. Aus datenschutzrechtlichen Gründen könne der Name des Kollegen nicht genannt werden.

Hiergegen hat die Klägerin am 24.03.2017 die Klage erhoben. Zur Begründung ihrer Klage trägt sie vor, die Beklagte hätte die Berechtigung der Abrechnung des anderen Arztes ebf. überprüfen müssen, um zu ermitteln, ob tatsächlich die Betreuung durch die andere Praxis den Anforderungen der Nr. 01770 EBM entspreche. Die Patientin habe glaubhaft zum Ausdruck gebracht, dass sie stationär aufgenommen worden sei. Schwangerschaftsberatung habe sodann sie durchgeführt. Ohne eine solche Beratung sei die Betreuungsziffer aber überhaupt nicht abrechenbar. Angesichts des frühen Stadiums der Schwangerschaftsfeststellung durch sie erscheine es implausibel, wenn die Schwangerschaft schon vorher festgestellt worden sein solle und dann noch - entgegen der Aussage der Patientin - eine Beratung stattgefunden haben soll. Aus dem Vortrag der Beklagten ergebe sich nicht, in welcher Form die Prüfung einer Vorbehandlung erfolgt sei. Es sei davon auszugehen, dass lediglich die Abrechnung überprüft worden sei. Die Patientin habe ihre letzte Menstruation auf den 08.08.2015 datiert. Mithin sei sie am 33. Zyklustag, dem 10.09.2015, in der Klinik gewesen. Angeblich sei zu diesem Zeitpunkt keine Schwangerschaft diagnostiziert worden. Am 40. Zyklustag, dem 17.09.2015, habe sie sich in ihrer Praxis vorgestellt. Es sei eine intracavitäre Fruchthöhe von 8 mm festgestellt worden. Sie habe ein Rezept für Progesteron ausgestellt. Des Weiteren sei eine ß-HCG-Bestimmung veranlasst worden, die mit dem Ergebnis der 5. bis 6. Schwangerschaftswoche entsprochen habe. Am 48. Zyklustag, dem 25.09.2015, habe sich eine kleine intracavitäre Fruchthöhe mit foetalen Anteilen mit einer Schädel-Steiß-Länge von 5,4 mm, was für die jetzt 6. Schwang...

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