Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. Unfallkausalität. alkoholbedingte Unaufmerksamkeit im Straßenverkehr. absolute Fahruntüchtigkeit. Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
Orientierungssatz
1. Verunglückt ein Arbeitnehmer auf seinem Nachhauseweg allein wegen einer alkoholbedingten Unaufmerksamkeit im Straßenverkehr, steht er mangels Vorliegens der Unfallkausalität nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
2. Zum Umfang der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bei regelmäßigem Alkoholkonsum am Arbeitsplatz.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt für sich und ihre beiden minderjährigen Kinder (geboren 2006 und 2003) eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Zwischen den Beteiligten ist insoweit streitig, ob der Tod des Ehemannes der Klägerin durch die Folgen eines Arbeitsunfalls verursacht worden ist.
Der 1977 geborene Ehemann der Klägerin (Versicherter) erlitt bei einem Verkehrsunfall am 21.09.2007 gegen 23.35 Uhr tödliche Verletzungen, als er auf dem Weg nach Hause zwischen D-Stadt und E-Stadt von der Straße abkam und als unangeschnallter Fahrer aus dem Fahrzeug in den Straßengraben geschleudert wurde.
Nach den Angaben des Betriebes hatte er nach Ende der Spätschicht um 22:00 Uhr das Betriebsgelände verlassen, bzw. um 22:02 Uhr ausgestochen.
Nach Angaben der zuständigen Polizeidienststelle war gegen 23.30 Uhr eine Streife auf der Unfallstrecke unterwegs, hat aber nichts Besonderes feststellen können.
Eine von der Polizei angeordnete Blutentnahme ergab nach dem vorläufigen Blutalkoholgutachten vom 24.09.2007 einen Blutalkoholwert von 2,22 ‰.
Der technische Sachverständige konnte weder technische Mängel, noch ein Fremdverschulden feststellen. Auch sei der Versicherte nicht mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren. Als Ursache komme alleine die alkoholbedingte Unaufmerksamkeit des Fahrers in Betracht.
Die Beamten der Polizei teilten in ihrem Ermittlungsbericht weiterhin mit, dass die Straßenverhältnisse trocken waren.
Mit Bescheid vom 05.12.2007 lehnte die Beklagte Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Versicherte nach dem Blutalkoholgutachten absolut fahruntüchtig gewesen ist und dies die allein wesentliche Ursache des Unfalls darstelle. Insoweit sei kein Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gegeben.
Mit Schreiben vom 19.12.2007 legte die Klägerin über ihre Bevollmächtigte Widerspruch gegen den Bescheid ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der von der Beklagten unterstellte Unfallzeitpunkt nicht stimme, da Zeugen den Unfall gegen 23:15 Uhr gemeldet hätten und der Versicherte daher nicht nach Schichtende, sondern bereits während der Arbeit Alkohol konsumiert haben müsse. Dies sei in der Firma C. üblich und auch bekannt. Der Arbeitgeber habe aber trotzdem nichts dagegen unternommen und den Alkoholkonsum toleriert, so dass er seiner Aufsichts- und Fürsorgepflicht nicht nachgekommen sei. Im Übrigen sei an der ordnungsgemäßen Bestimmung des Blutalkoholwertes zu zweifeln.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2008 wurde der Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es an der Bestimmung des BAK-Wertes keine Zweifel gebe, da das Leichenblut ordnungsgemäß entnommen worden sei. Im Übrigen sei an dem festgestellten Unfallzeitpunkt nicht zu zweifeln, da eine Polizeistreife den Unfallbereich um 23:30 Uhr abgefahren habe.
Anhaltspunkte für andere Unfallursachen, als die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit gebe es nicht. Nach der Rechtsprechung des BSG spreche daher ein Anscheinsbeweis für die wesentliche Verursachung durch den Alkoholgenuss und gegen einen versicherten Wegeunfall.
Mit ihrer am 16.04.2008 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter. Zur Begründung ihrer Klage trägt sie vor, dass es an der Arbeitsstelle ihres Mannes Alkoholautomaten gegeben habe und es üblich gewesen sei, dass die Arbeiter während der Schicht Alkohol konsumierten. Dies sei auch dem Arbeitgeber bekannt gewesen, der aber nichts dagegen unternommen habe. Insbesondere habe es keine Kontrollen der Arbeitnehmer gegeben, so dass dem Arbeitgeber eine gravierende Verletzung der Fürsorgepflicht vorzuwerfen sei. Im Ergebnis sei der Alkoholkonsum des Versicherten daher dem Arbeitgeber zuzurechnen, so dass es sich um einen versicherten Wegeunfall handele. Im Übrigen sei das Leichenblut nicht ordnungsgemäß aus der “vena subclavia„ entnommen worden, sondern aus der “Vena femoralis„, so dass das Gutachten nicht verwertbar sei. Auch werde in der Literatur diskutiert, dass sich die BAK im Leichenblut erheblich erhöhen könne.
Auf Nachfrage des Gerichtes teilte die Geschäftsleitung der Firma C. mit, dass seit dem 26.02.2007 ein absolutes Alkohol- und Drogenverbot eingeführt worden sei. Seitdem seien d...