Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Erbringung belegärztlicher Leistungen durch ein Medizinisches Versorgungszentrum. Erheblichkeit der Fahrstrecke zwischen dem Belegkrankenhaus und dem Haupttätigkeitsort und dem Wohnsitz für die Belegarztanerkennung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Durch ein MVZ können grundsätzlich auch belegärztliche Leistungen erbracht werden.

2. Eine Belegarztanerkennung kann nicht versagt werden, wenn die Fahrstrecke zwischen dem Belegkrankenhaus und dem Wohnsitz 30 Minuten bei einer Entfernung von 37,3 km beträgt und der Arzt in einem MVZ mit ca. 11 weiteren Kardiologen arbeitet, von denen einige auch Belegärzte und am selben Krankenhaus tätig sind.

 

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 17.07.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2006 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Belegarztanerkennung für den angestellten Arzt Dr. med. C für das PN.Krankenhaus A-Stadt zu erteilen.

3. Die Beklagte hat die Verfahrenskosten zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Belegarztanerkennung des bei der Klägerin angestellten Arztes Dr. med. C.

Die Klägerin ist ein Medizinisches Versorgungszentrum in der Rechtsform einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts mit Sitz in A-Stadt. Der 1967 geborene Dr. med. C ist Facharzt für Innere Medizin mit dem Teilgebiet Kardiologie. Mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 23.03.2006 wurde dem Antrag der Klägerin auf Anstellung des Dr. med. C als in Teilzeit beschäftigter Arzt mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden stattgegeben.

Am 13.07.2006 beantragte Dr. med. C die Anerkennung als Belegarzt. Er legte einen Belegarztvertrag mit der AW-Kliniken gemeinnützige GmbH als Krankenhausträger vom 28.06.2006, ferner eine Bescheinigung des Krankenhausträgers vor.

Mit Bescheid vom 17.07.2006 lehnte die Beklagte den Antrag des Dr. med. C auf die Belegarztanerkennung ab. Zur Begründung führte sie aus, es lägen die in den Bundesmantelverträgen festgelegten Vorraussetzungen nicht vor. Als angestellter Arzt in einem MVZ sei er kein zugelassener Vertragsarzt nach § 24 Ärzte-ZV. Eine belegärztliche Tätigkeit durch angestellte Ärzte in Medizinischen Versorgungszentren sei derzeit nicht möglich. § 121 SGB V stelle bei der Zulässigkeit einer belegärztlichen Tätigkeit auf die Tätigkeit eines freiberuflichen Arztes ab, und ein angestellter Arzt in einem Medizinischen Versorgungszentrum sei in seinen Handlungen nicht so unbeschränkt, wie dies ein niedergelassener Vertragsarzt sei. Sie sehe deshalb die belegärztliche Tätigkeit als einen von § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V umfassten Ausnahmetatbestand an. Eine belegärztliche Tätigkeit von angestellten Ärzten in Medizinischen Versorgungszentren sei bislang von ihr nicht genehmigt worden.

Hiergegen legte Dr. med. C am 04.08.2006 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, gemäß § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V seien die Vorschriften über die Belegarztanerkennung auch auf die Medizinischen Versorgungszentren anzuwenden. Weder § 121 SGB V noch die §§ 39 und 31 der Bundesmantelverträge stellten ausdrücklich auf den freiberuflich tätigen Arzt ab. Diese Vorschriften gingen von einem “nicht am Krankenhaus angestellten Vertragsarzt„ aus. Diese Vorrausetzungen lägen eindeutig bei ihm vor. Nach § 1 Abs. 2 der Bundesärzteordnung sei ein ärztlicher Beruf seiner Natur nach ein freier Beruf, auch wenn er im Angestelltenverhältnis ausgeübt werde. Als angestellter Arzt in einem Medizinischen Versorgungszentrum sei er in der Behandlung der Patienten weisungsunabhängig. In anderen KV-Bereichen würden durchaus Belegarztanerkennungen zugunsten angestellter Ärzte von Medizinischen Versorgungszentren bzw. zugunsten von Medizinischen Versorgungszentren selbst ausgesprochen werden.

Bei der Beklagten gingen ferner eine Stellungnahme der Verbände der Krankenkassen in Hessen unter Datum vom 24.07.2006 und der beiden Ersatzkassenverbände unter dem Datum vom 20.07.2006 ein. In beiden Stellungnahmen wird der Auffassung der Beklagten zugestimmt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.12.2006, Dr. med. C am 13.12. zugestellt, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, Herr Dr. med. C sei kein zugelassener Vertragsarzt nach § 24 Ärzte-ZV. Er übe keine freiberufliche Tätigkeit aus. Ein angestellter Arzt könne, unabhängig davon, wo er angestellt sei, per se nicht als Belegarzt tätig werden.

Hiergegen hat zunächst Dr. med. C am 27.12.2006 die Klage erhoben und unter weitgehender Wiederholung seiner Widerspruchsbegrünung ergänzend vorgetragen, gem. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V fänden die Vorschriften über die Belegarztanerkennung auch Anwendung auf Medizinische Versorgungszentren. Die Freiberuflichkeit stehe dem nicht entgegen. Er werde sich auch daran halten, dass die stationäre der ambulanten Tätigkeit nachrangig sein müsse. Er verweise auf den von der KBV herausgegebenen “Kooperationskompass„, bei dem auch die Beklagte mitgewirkt habe; danach nähmen Medizinische Versorgungszentren gen...

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