Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütungsanspruch des Krankenhauses für eine stationäre Behandlung nach der Fallpauschalenverordnung

 

Orientierungssatz

1. Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses für eine stationäre Krankenhausbehandlung richtet sich gemäß §§ 109 Abs. 4 S. 3 SGB 5, 7 KHEntgG, 17b KHG nach der Fallpauschalenvereinbarung. Die Anwendung der zutreffenden Kodierung erfolgt eng an deren Wortlaut.

2. Die Behandlung einer Hyperhidrose mittels der Resektion des Ganglions L 4 erfolgt nach der Kodierung R 61.0. In diesem Fall wird die DRG J10B angesteuert.

3. Die Durchtrennung des Ganglions hat das Ziel, die Symptomatik der Hyperhidrose zu behandeln. Sie hat keinen Einfluss auf Begleitsymptome dieser Erkrankung.

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Berufung wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 593,39 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist eine Krankenhausforderung in Höhe von 593,39 €.

Die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenversicherung. Die Klägerin ist Trägerin von Krankenhäusern und zur Behandlung der Versicherten der Beklagten berechtigt.

Die bei der Beklagten versicherte C. (nunmehr: Versicherte) befand sich vom 15.02.2011 bis zum 17.02.2011 im Krankenhaus der Klägerin in stationärer Behandlung. Die Versicherte litt seit Jahren unter palmoplantarer Hyperhidrose und stellte sich im Krankenhaus der Klägerin zur Behandlung des Schwitzens ihres linken Fußes vor.

Endoskopisch wurde im Rahmen einer Retroperitoneoskopie eine lumbale Blockade des Sympathikusnerven durchgeführt, indem das lumbale Ganglion L4 reseziert und die Trunkusenden clipversiegelt wurden.

Die Klägerin rechnete die erbrachten stationären Leistungen mit einem Betrag von 2910,11 € ab (Rechnung vom 22.02.2011), wobei die DRG B17C zugrundegelegt wurde.

Der von der Beklagten eingeschaltete MDK Bayern beanstandete die kodierte Hauptdiagnose G90.8 und gab stattdessen die Diagnose R61.0 vor.

Am 01.05.2012 verrechnete die Beklagte den aus ihrer Sicht überzahlten Differenzbetrag von 593,39 € (Differenz zwischen dem ursprünglichen Rechnungsbetrag und dem von der Beklagten anerkannten Betrag in Höhe von 2316,72 €).

Die Klägerin erhob am 10.07.2017 Klage zum Sozialgericht München, um den Differenzbetrag einzuklagen. Strittig sei die Kodierung der Hauptdiagnose, wobei die Kodierung von G90.8 ("Sonstige Krankheiten des autonomen Nervensystems") für richtig gehalten werde. Die Beklagte hingegen beharre auf der Kodierung R61.0 ("Hyperhidrose, umschrieben"), wobei die Kodierung von Symptomen als Hauptdiagnose nur dann rechtmäßig sei, wenn eine Diagnose im Sinne einer Symptomursache aus medizinischen Gründen nicht gestellt werden könne. Es sei aber gesicherte medizinische Erkenntnis, dass die hier vorliegende primäre Hyperhidrose ausschließlich neurologische Ursachen im Sinne einer Steuerungsstörung des Schwitzens habe. Die Abläufe der Hyperhidrose seien hinreichend bekannt, so dass eine ursächliche Therapie möglich sei. Eine solche Ursachentherapie werde im Krankenhaus der Klägerin - auch im streitgegenständlichen Fall - durchgeführt.

Die Klägerin strebe mit der vorliegenden Klage eine grundsätzliche Klärung der korrekten Kodierung der Hyperhidrose-Behandlungen für eine Vielzahl vergleichbarer Fälle an. Eine gütliche Einigung mit der Beklagten sei bislang nicht möglich gewesen.

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 593,39 € nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie führt aus, dass laut der Kodierrichtlinie "D002f Hauptdiagnose" aus dem Jahr 2011 eine Hauptdiagnose wie folgt definiert werde: "Die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthalts des Patienten verantwortlich ist." Der Begriff "nach Analyse" bezeichne die Evaluation der Befunde am Ende des stationären Aufenthalts, um diejenige Krankheit festzustellen, die hauptsächlich verantwortlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthalts gewesen war. Richtigerweise hätte die Klägerin die DRG J10B abrechnen müssen, die durch Zugrundelegung der Hauptdiagnose R61.0 angesteuert werde. Die Ätiologie der Hyperhidrose sei nicht eindeutig geklärt. Durch die streitgegenständliche Operation werde die vermutete Regulationsstörung nicht behandelt, sondern lediglich auf die Symptomatik Einfluss genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beauftragung von Dr. E., der am 25.10.2015 sein dermatologisches und sozialmedizinisches Gutachten vom 25.10.2015 vier Tage später dem Gericht vorlegte.

Der Gutachter führt aus, dass es nicht zulässig sei, von der als richtig angenommenen DRG die Verschlüsselung retrogard abzuleiten. Daher sei das Argument der Kl., dass die von der Beklagten vorgenommene Verschlüsselung zu einer J-DRG, also einer DRG betreffend eine Krankheit an Haut, Unterhaut und M...

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