Entscheidungsstichwort (Thema)

Kurzarbeitergeldanspruch. Anzeige des Arbeitsausfalles. Nichtzahlung von Kurzarbeitergeld für einen Zeitraum von 3 Monaten. neuer Leistungsfall. keine Fortgeltung der Anzeige. Anzeigeerfordernis auch bei verordneter Betriebsschließung aufgrund der Corona-Pandemie

 

Leitsatz (amtlich)

1. Sind seit dem letzten Kalendermonat, für den Kurzarbeitergeld gezahlt wurde, drei Monate vergangen, entfaltet die Anzeige des Arbeitsausfalls nach § 99 Abs 1 SGB III keine Wirkung mehr für spätere Zeiträume.

2. Auch im Falle der verordneten Schließung von Betrieben (hier: Friseurbetriebe durch die 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO - juris: CoronaVSonderV TH 3) ist die Anzeige des Arbeitsausfalls nach § 99 Abs 1 SGB III nicht entbehrlich.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Gewährung von Kurzarbeitergeld (Kug) für drei Arbeitnehmerinnen.

Der Kläger betreibt einen Friseursalon, für den kein Betriebsrat besteht. Aufgrund individualvertraglicher Vereinbarung führte er für die beiden Arbeitnehmerinnen F und U Kurzarbeit ein. Am 23. März 2020 zeigte er einen Arbeitsausfall für voraussichtlich zwei Arbeitnehmerinnen aufgrund des Coronavirus an. Mit Bescheid vom 30. März 2020 teilte die Beklagte auf Grundlage des § 99 Absatz (Abs.) 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) mit, dass wegen der vorgetragenen und glaubhaft gemachten Tatsachen ein erheblicher Arbeitsausfall vorliege und die betrieblichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kug erfüllt seien. Kug werde deshalb den von dem Entgeltausfall betroffenen Arbeitnehmern des Betriebs ab 1. März 2020 bis längstens 28. Februar 2021 bewilligt, sofern diese die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllten und alle Anspruchsvoraussetzungen vorlägen. Der Bescheid enthielt folgenden Hinweis: „Sind seit dem letzten Monat, für den Kug gewährt wurde, drei Monate verstrichen, so kann Kug nur nach erneuter Erstattung einer Anzeige über Arbeitsausfall gewährt werden (§ 104 Abs. 3 SGB III).“

Mit Bescheid vom 18. Mai 2020 bewilligte die Beklagte auf einen Leistungsantrag zuletzt Kug für den Monat April 2020 für die Arbeitnehmerinnen F und U.

Am 2. Februar 2021 beantragte der Kläger für drei Arbeitnehmerinnen, nämlich zusätzlich für die Arbeitnehmerin Schäfer, Kug für den Monat Dezember 2020.

Am 8. Februar 2021 zeigte der Kläger mit Formularen vom 15. Dezember 2020 und 5. Februar 2021 einen Arbeitsausfall für den Zeitraum Dezember 2020 bis Dezember 2021 an. Dabei wies er darauf hin, ein Formular bereits am 15. Dezember 2020 an die Beklagte geschickt zu haben.

Mit Bescheid vom 8. Februar 2021 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Kug auf Grundlage des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) ab 1. Mai 2020 auf. Dabei führte sie aus, dass seit dem Monat April 2020 keine Kurzarbeit in Anspruch genommen worden sei. Aufgrund mehr als dreimonatiger Vollarbeit sei für die erneute Inanspruchnahme der Kurzarbeit eine neue Anzeige zum Arbeitsausfall erforderlich.

Mit Bescheid vom 10. Februar 2021 teilte die Beklagte auf Grundlage des § 99 Abs. 3 SGB III mit, dass wegen der vorgetragenen und glaubhaft gemachten Tatsachen ein erheblicher Arbeitsausfall vorliege und die betrieblichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kug erfüllt seien. Kug werde deshalb den von dem Entgeltausfall betroffenen Arbeitnehmern des Betriebs ab 1. Februar 2021 bis längstens 31. Dezember 2021 bewilligt, sofern diese die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllten und alle Anspruchsvoraussetzungen vorlägen. Dabei wies sie darauf hin, dass nach § 99 Abs. 2 SGB III Kug frühestens ab dem Kalendermonat geleistet werde, in dem die Anzeige über den Arbeitsausfall bei ihr eingegangen sei. Dies sei hier der 2. Februar 2021 gewesen. Mit derselben Begründung lehnte sie mit weiterem Bescheid vom selben Tag den Antrag auf Kug für den Monat Dezember 2020 ab.

Gegen die drei Bescheide vom 8. und 10. Februar 2021 erhob der Kläger am 5. März 2021 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus: Der Leistungsbeginn sei aufgrund der gesetzlichen Anordnung der Bundesregierung sowie folgend der Landesregierungen allgemein bekannt gewesen, sodass es einer weiteren Anzeige im Sinne des § 99 SGB III nicht bedurft hätte. Der Arbeitsausfall sei analog eines unabwendbaren Ereignisses zu betrachten. Für derartige Fälle bestehe die Möglichkeit, rückwirkend über den Monatszeitraum zu seinen Gunsten zu entscheiden. Die Schließung des Salons sei Ende April 2020 aufgehoben worden und im Dezember 2020 wieder in Kraft gesetzt worden. Soweit - völlig unabhängig von einer betriebswirtschaftlichen Entscheidung - zwangsweise die Schließung eines Unternehmens(-teils) erfolge, im Übrigen die Voraussetzungen für Kug bestünden, könne nicht wegen einer Lockerungsphase ein einmal gewährter Bescheid rückwirkend aufgehoben werden. Es bestehe ein gewisser Vertrauensschutz, da di...

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