Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistungen. Grundleistungen. Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft. Erbringung der bisher in Form von Geldleistungen gewährten Leistungen durch eine Bezahlkarte. Erforderlichkeit eines Änderungsbescheides nach § 48 Abs 1 S 1 SGB 10. Ermessensausübung
Orientierungssatz
1. Wurden Leistungen nach § 3 Abs 3 AsylbLG in der bis zum 15.5.2024 geltenden Fassung aufgrund eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung in Form von Geld- und Sachleistungen erbracht, bedarf es für die Umstellung der Leistungsform von Geldleistungen auf eine Bezahlkarte entsprechend § 3 Abs 3 AsylbLG in der seit dem 16.5.2024 geltenden Fassung eines Änderungsbescheides nach § 48 Abs 1 S 1 SGB 10.
2. Die Wahl der Form der Leitungsgewährung erfordert nach § 3 Abs 3 AsylbLG nF eine Ermessensausübung im Einzelfall.
Tenor
I. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin im Zeitraum 01.08.2024 bis 31.10.2024 Leistungen nach dem AsylbLG i.H.v. monatlich 460 € als Geldleistungen im Wege der Überweisung auf das Konto der Antragstellerin zu erbringen.
II. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von der Antragsgegnerin die Auszahlung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) als Geldleistungen.
Die am xx.xx.xxxx geborene Antragstellerin, deren Staatsangehörigkeit ungeklärt ist, reiste am 07.01.2023 nach Deutschland ein und stellte am 31.03.2023 Asylantrag, der mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 17.07.2023 als unzulässig abgelehnt wurde. Der Aufenthalt der Antragstellerin ist derzeit gestattet. Mit Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 09.08.2023 wurde ihr ab 17.08.2023 als Wohnsitz die Gemeinschaftsunterkunft A-Straße, A-Stadt zugewiesen.
Mit Bescheid vom 21.08.2023 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin bis auf weiteres laufende Leistungen nach§ 3 AsylbLG , für den Monat 8/2093 99,66 € und für den Monat 9/2023 410 €. In dem Bescheid wurde u.a. ausgeführt, dass die Leistungen nach Abteilung 4 des Regelbedarfs (Energie und Wohnungsinstandhaltung) sowie die Bedarfe für Unterkunft und Heizung als Sachleistung gewährt würden.
Mit weiterem Bescheid vom 05.12.2023 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin laufende Leistungen nach§ 3 AsylbLG ab dem 01.12.2023 bis auf weiteres, hierbei für den Monat 12/2023 410 €.
Am 10.01.2024 erließ die Antragsgegnerin einen weiteren Bescheid über die Änderung der Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG. Man habe aufgrund der Anpassung der Regelsätze zum 01.01.2024 die Leistungen neu berechnet. Die Antragstellerin habe ab dem 01.01.2024 Anspruch auf Leistungen i.H.v. 460 €. In dem Bescheid wurde wiederum (u.a.) ausgeführt, dass die Leistungen nach Abteilung 4 des Regelbedarfs (Wohnungsinstandhaltung und Energie) sowie die Bedarfe für Unterkunft und Heizung als Sachleistung gewährt würden. Der Bescheid hebe nach§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XII (gemeint: SGB X - Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) alle vorhergehenden Bescheide über die Höhe der Gewährung von Hilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auf, soweit sie sich auf gleiche Zeiträume beziehen würden. Dem Bescheid war ein Berechnungsbogen für den Monat Januar 2024 beigefügt.
Mit Schreiben vom 11.06.2024 informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin darüber, dass ab 01.07.2024 eine Bezahlkarte eingeführt wird. Danach würden die ihr bewilligten Leistungen nur noch auf diese Karte überwiesen. Die Antragstellerin müsse bei ihrer Bank die Daueraufträge und Lastschriften stoppen, um Schulden bei der Bank zu verhindern. Online-Einkäufe seien mit der Bezahlkarte nicht möglich; die Karte könne aber in der Bundesrepublik Deutschland genutzt werden.
Die Antragstellerin bestätigte am 18.06.2024 den Erhalt einer Bezahlkarte sowie von Hinweisen in Deutsch und Englisch. Mit weiterer Erklärung vom 04.07.2044 bestätigte die Antragstellerin, dass ihre Bezahlkarte durch den Geldautomaten der Sparkasse A-Stadt am 10.06.2024 beschädigt worden sei. Sie erhielt eine neue Bezahlkarte ausgehändigt. Am 08.07.2024 erhob der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin Widerspruch gegen den Verwaltungsakt zur Einführung der Bezahlkarte zum 01.07.2024.
Am 08.07.2024 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Nürnberg (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt.
Sie trägt im Wesentlichen vor, der Anordnungsanspruch ergebe sich aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 10.01.2024. Dieser Bescheid bewillige Geldleistungen durch
Banküberweisung und sei bisher nicht aufgehoben worden. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Bescheid vom 10.01.2024 aufgehoben worden und mit der Aushändigung der Bezahlkarte ein neuer Verwaltungsakt erlassen worden sei, dann läge ein Ermessensausfall bezüglich der Leistungserbringung vor. Denn die Auswahl der Leistungsformen der Geld- oder Sachleistungen, der Bezahlka...