Entscheidungsstichwort (Thema)

Sinn und Zweck des § 44 Abs 1 S 1 SGB 10. Verfassungsmäßigkeit des § 106 SGB 6

 

Orientierungssatz

1. Es ist nicht Sinn und Zweck des § 44 Abs 1 S 1 SGB 10, Fristenregelungen im Zusammenhang mit der Frage der Bestandskraft von Entscheidungen der Verwaltung oder auch der Gerichte auszuhebeln und die mit der Bestandskraft bezweckte Rechtssicherheit und den Rechtsfrieden in das Belieben der Beteiligten zu stellen.

2. § 106 SGB 6 verstößt nicht gegen Verfassungsrecht oder gegen das Diskriminierungsverbot des Art 14 MRK.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 14.09.2017; Aktenzeichen B 5 RE 1/17 BH)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit seiner Klage einen höheren Zuschuss zu seiner privaten Krankenversicherung, nämlich den hälftigen Beitrag zum Basistarif der privaten Krankenversicherung.

Der 1941 geborene Kläger, ein Facharzt für Mund- und Kieferchirurgie sowie allgemeine Stomatologie und ehemaliger Chefarzt, bezieht seit 01.10.2006 Altersrente von der Beklagten sowie eine Rente der E. und der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder.

Mit Schreiben vom 08.11.2007 beantragte er bei der Beklagten die Überprüfung des Bescheides vom 21.03.2007, weil rentenrechtliche Zeiten nicht berücksichtigt worden seien, nämlich die Zeit vom 23.9. bis 30.11.1965 als Übergangszeit nach Abschluss des Studiums sowie die Zeit der Arbeitslosigkeit vom 01.04.1991 bis 01.07.1993 .

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 19.12.2007 den Antrag gem. § 44 SGB X ab, weil der Bescheid vom 21.03.2007 rechtmäßig sei, da weder das Recht unrichtig angewandt worden sei noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 21.12.2007 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2009 zurückgewiesen wurde.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 19.02.2009 Klage zum Sozialgericht N.. Er trägt weiter vor, dass auch die Zeit zwischen der Ankunft in der Bundesrepublik Deutschland nach der Flucht aus der DDR bis zur Arbeitserlaubnis vom 28.06. bis 30.09.1973 nicht berücksichtigt sei. Außerdem begehrt er einen höheren Zuschuss zu seinem Krankenversicherungsbeitrag, nämlich den hälftigen Beitrag zum Basistarif der privaten Krankenversicherung. Er sei 1973 verbeamtet worden, deshalb sei er damals von der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen worden und musste sich privat gegen Krankheit versichern. Jetzt erhalte er nur einen geringen Anteil des tatsächlich anfallenden Krankenversicherungsbeitrages, der nicht einmal die Hälfte des Basistarifs der privaten Krankenversicherung umfasse. Diese Regelung sei gesetzeswidrig und der Ausschluss von der gesetzlichen Krankenversicherung verletze ihn in seinen Grundrechten. Außerdem sei die Fürsorgepflicht des Staates verletzt und er werde als ehemaliger Beamter durch die gesetzlichen Ausschlüsse gegenüber Pflichtversicherten diskriminiert.

Im Erörterungstermin vom 06.10.2014 schlossen die Beteiligten folgenden Teilvergleich:

I. Die Beklagte erkennt die Übergangszeit vom 23.09.1965 bis 30.11.1965 als Anrechnungstatbestand nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI an und wird die Rente ab Rentenbeginn - 01.10.2006 - neu feststellen.

II. Der Kläger erklärt, dass er die Zeit der Arbeitslosigkeit vom 01.04.1991 bis 01.07.1993 nicht mehr überprüft haben will, weil diese Zeit bereits von der E. anerkannt war.

III. Der Kläger erklärt, dass die Zeit vom 28.06. bis 30.09.1973 nicht mehr Gegenstand des Streitverfahrens ist, weil bereits eine Anerkennung als Ersatzzeit von der Rentenversicherung vorgenommen wurde.

Daher beantragt der Kläger sinngemäß,

den Bescheid vom 19.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 21.03.2007 abzuändern, indem ein hälftiger Beitrag zur privaten Krankenversicherung als Zuschuss zur Rente gezahlt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist auf die gesetzliche Regelung des § 106 SGB VI, wonach die Berechnung des Krankenversicherungszuschusses eindeutig geregelt ist und von ihr auch so berechnet wurde.

Zu den weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gesamtakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, macht das Gericht von der Möglichkeit Gebrauch, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid gem. § 105 Abs. 1 SGG (Sozialgerichtsgesetz) zu entscheiden. Im Erörterungstermin vom 06.10.2014 erklärten sich die Beteiligten mit einem Gerichtsbescheid einverstanden.

Die zum gem. §§ 51 Abs. 1 Nr. 1, 57 Abs. 1 SGG örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht N. erhobene Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen höheren Zuschuss zu seinem Krankenversicherungsbeitrag. Die Beklagte hat zu Recht mit ihrem Bescheid vom 19.12.2007 eine für den Kläger negative ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge