Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Feststellungsklage. Feststellungsinteresse. Vorbereitung eines Amtshaftungsverfahrens
Orientierungssatz
Zur Vorbereitung eines Amtshaftungsverfahrens ist ein Feststellungsinteresse nur zu bejahen, wenn ein Amtshaftungsprozess bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist.
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung von Amtspflichtverletzungen durch die Beklagten in Bezug auf einen Antrag vom 10.04.2013.
Am 10.04.2013 übersandte der Kläger dem Beklagten zu 1 ein Mietangebot für die Wohnung in der G.- Straße in XXXXX N. und begehrte die Zustimmung nach § 22 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Mit Schreiben vom 17.04.2013 teilte der Beklagte zu 1 dem Kläger mit, dass er sich mit seinem Mietangebot an das Jobcenter seines Wohnsitzes (zu dem Zeitpunkt K.) wenden solle, da er nicht mehr zuständig sei.
Dies sei jedoch nach Angaben des Klägers, welcher vorträgt das Schreiben am 23.04.2013 erhalten zu haben, bereits zwecklos gewesen, da das Mietangebot zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gültig gewesen sei. Eine Entscheidung über seinen Antrag habe der Beklagte zu 1 nicht getroffen. Frühestens am 20.08.2018 sei sein Antrag an den Beklagten zu 2 weitergeleitet worden. Bis heute sei keine Entscheidung über seinen Antrag vom 10.04.2013 getroffen worden.
Unter dem 03.01.2019 reichte der Kläger beim D. Feststellungklage ein. Das Verwaltungsgericht hat die Angelegenheit mit Beschluss vom 30.04.2019 an das Sozialgericht Nürnberg verwiesen.
Der Kläger beantragt festzustellen,
1. dass der Beklagte zu 1 beim Amtshandeln auf die Einreichung des Mietangebots des Klägers für die Wohnung in der G.-Straße in XXXXX N. hin schwerwiegend gegen die Amtspflicht zu rascher Sachentscheidung verstoßen habe, weil er bis zum 01.08.2016, zu der er die Entscheidung nach der bis zum 01.08.2016 gültigen Rechtslage hätte tätigen müssen, keine Entscheidung gefällt habe (Verzögerung 3 Jahre, 3 Monate und 21 Tage) und nach dem 01.08.2016 eine Weiterleitung des Antrages bzw. eine Entscheidung bis mindestens zum 19.08.2018 mit Vorsatz verzögert hat (Verzögerung 2 Jahre und 19 Tage).
2. dass der Beklagte zu 2 ebenfalls gegen die Amtspflicht zur raschen Sachentscheidung verstoßen habe, weil er sich langzeitig weigerte, zu dem an ihn weitergeleiteten Mietangebot eine Entscheidung zu fällen.
3. dass insgesamt schwerwiegendst gegen die Amtspflicht zur raschen Sachentscheidung verstoßen wurde, weil nach 5 Jahren und 8 Monaten trotz mehrfacher Anmahnung immer noch keine Entscheidung zum Antrag des Klägers getätigt wurde.
4. dass der Beklagte zu 1 schwerwiegendst gegen die Amtspflicht zu rechtmäßiger Amtsausübung verstoßen hat, weil anstatt der gebotenen unverzüglichen Weiterleitung des Antrages des Klägers gemäß § 16 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) eine Weiterleitung erst nach mehrjährigem Schriftverkehr nach 5 Jahren vier Monaten und 10 Tagen erfolgte und zudem schwerwiegend gegen § 17 Abs. 1 SGB I verstoßen wurde.
5. dass der Beklagte zu 2 schwerwiegend gegen die Amtspflicht zu rechtmäßiger Amtsausübung verstoßen hat, weil er sich weigerte zu einem an ihn weitergeleiteten Antrag eine Entscheidung zu fällen.
6. dass der Beklagte zu 1 und der Beklagte zu 2 je zweifach schwerwiegend gegen die Amtspflicht zu verfahrensgemäßem Amtshandeln verstoßen haben.
Der Beklagte zu 1 hat sich im Rahmen des Klageverfahrens nicht geäußert.
Der Beklagte zu 2 beantragt,
die Klage als unzulässig abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist bereits unzulässig, da es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt.
Das erforderliche schutzwürdige Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art sein, wobei der Kläger sein berechtigtes Feststellungsinteresse durch entsprechenden Tatsachenvortrag substantiiert darlegen muss, ohne dass große Anforderungen an die Substantiierungspflicht zu stellen sind (vgl. BSG, Urteil vom 28.08.2007, Az.: B 7/7a AL 16/06 R. Es besteht jedoch nur, wenn die angestrebte gerichtliche Feststellung die Lage des Klägers verbessern kann (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 55 Rn. 21; § 131 Rn. 10, jeweils m.w.N.). Bei einem vergangenen Rechtsverhältnis, wie es der Kläger hier geltend macht, kommt ein Feststellungsinteresse in Betracht, wenn eine ausreichend konkrete, in naher Zukunft oder doch in absehbarer Zeit tatsächlich bevorstehende Gefahr der Wiederholung des Verwaltungshandelns bei im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen oder rechtlichen Umständen besteht und der Kläger dementsprechend das Interesse verfolgt, durch die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Wiederholung eines entsprechenden Verw...