Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Zulassung eines Pathologen zur vertragsärztlichen Tätigkeit mit hälftigem Versorgungsauftrag. Unerheblichkeit einer Nebentätigkeit

 

Orientierungssatz

1. Da der Gesetzgeber in § 20 Abs 2 S 2 Ärzte-ZV - zur besseren Verzahnung ambulanter und stationärer Versorgung - die Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus mit der Tätigkeit des Vertragsarztes für vereinbar erklärt hat, ist die Rechtsprechung des BSG, wonach die Einbindung eines Krankenhausarztes und die stationäre Versorgung von Patienten im Einzugsbereich des Krankenhauses einer Zulassung entgegensteht, obsolet geworden.

2. Für einen Pathologen ist das Urteil des BSG vom 13.10.2010 - B 6 KA 40/09 R = BSGE 107, 56 = SozR 4-5520 § 20 Nr 3 Rdnr 19 und 24 nicht anwendbar, wonach neben der Zulassung als Vertragsarzt mit hälftigem Versorgungsauftrag eine Vollzeitbeschäftigung ausgeschlossen ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 16.12.2015; Aktenzeichen B 6 KA 19/15 R)

 

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 18.03.2013 (Beschluss: 07.02.2013; Az.: ) wird aufgehoben.

II. Der Kläger wird mit einer hälftigen Zulassung als Vertragsarzt für den Fachbereich Pathologie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

III. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten des Klägers.

IV. Der Streitwert wird auf 208.056,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Zulassung des Klägers zur vertragsärztlichen Tätigkeit mit hälftigem Versorgungsauftrag als Pathologe für die A-Straße in A-Stadt.

Der am 23.08.1963 Kläger ist Pathologe und Chefarzt am Universitätsklinikum A-Stadt. Mit Formantrag vom 31.10.2011 - eingegangen beim Zulassungsausschuss für Ärzte - Mittelfranken - (ZA) - am 10.11.2011, beantragte er die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit mit hälftigem Versorgungsauftrag als Pathologe für die A-Straße in A-Stadt.

Die Arztgruppe der Pathologen unterlag zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht der Bedarfsplanung.

Das Universitätsklinikum A-Stadt genehmigte ihm als Dienstherr in der Nebentätigkeitsgenehmigung vom 28.10.2011 eine vertragsärztliche Tätigkeit mit hälftigem Versorgungsauftrag für einen Stundenumfang von maximal 14 Wochenstunden.

Mit Bescheid vom 26.11.2012 (Beschluss: 19.09.2012) lehnte der ZA den Antrag des Klägers ab.

Aufgrund der vorgelegten Dienstverträge gehe man davon aus, dass der Kläger eine Vollzeittätigkeit an der Universität und am Universitätsklinikum A-Stadt ausübe. Dieser vollzeitige Lehrauftrag und die Chefarztfunktion stünden nach Auffassung des ZA der Eignung für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit - auch bei hälftigem Versorgungsauftrag - entgegen (§ 20 Abs. 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte = Ärzte-ZV). Neben der Wahrnehmung eines hälftigen Versorgungsauftrages sei eine Beschäftigung "in Vollzeit" nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (Urteil vom 13.10.2010 - B 6 KA 40/09 R) ausgeschlossen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Neufassung des § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG). Auch wenn ein in Beamtenverhältnis stehender Hochschullehrer seine Arbeitszeit frei einteilen könne, habe er grundsätzlich seine Arbeitskraft dem Dienstherren in vollem Umfange zur Verfügung zu stellen (§ 36 Satz 1 Beamtenrechtsrahmengesetz = BRRG). Der Umstand, dass er in der sog. vorlesungsfreien Zeit möglicherweise in der Lage sei, ganztägig eine vertragsärztliche Leistung zu erbringen, rechtfertige keine andere Beurteilung. Der Behandlungsbedarf der Versicherten erfordere das kontinuierliche zur Verfügungstehen des Vertragsarztes.

Die Nebentätigkeitsgenehmigung des Universitätsklinikums A-Stadt betrage darüber hinaus lediglich 14 Wochenstunden. Der Gesetzgeber gehe bei einer Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag aber grundsätzlich von einer Arbeitszeit von 20 Wochenstunden Arbeitszeit aus. Der ZA sie deshalb der Meinung, dass der Kläger wegen der anderweitigen Tätigkeiten den Versicherten nicht in einem dem Versorgungsauftrag entsprechendem Umfang persönlich zur Verfügung stehe. Der zeitliche Umfang, für den der Zulassungsbewerber regelmäßig zur Verfügung stehe, dürfe nicht aus Gründen, die außerhalb des Systems der vertragsärztlichen Versorgung lägen, von vorneherein eingeschränkt sein.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 20.12.2012 Widerspruch ein.

Der ZA habe die besondere Stellung der Pathologie als nicht patientenorientiertes Fach, den gesetzgeberischen Willen zur Förderung ambulanter und stationärer Kooperationen und die Präsenz von Vertragsärzten nach geltendem Recht und BSG-Rechtsprechung rechtlich falsch gewürdigt.

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