Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Umschulungsmaßnahme. Erstattung von Umzugskosten. Kosten für einen weiteren Umzug wegen Mängeln der Wohnung

 

Orientierungssatz

1. Umzugskosten können nur erstattet werden, wenn der Umzug durch die Aufnahme einer Beschäftigung bedingt ist, dh wenn eine tägliche Rückkehr zum Wohnort nicht zuzumuten ist.

2. Kosten für einen weiteren Umzug wegen Mängeln der Wohnung (Schimmelbefall, Heizungsprobleme) sind nicht erstattungsfähig.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 04.02.2021; Aktenzeichen B 13 R 239/20 B)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Umzugskosten in Höhe von 12.561,43 € als berufliche Reha-Leistung.

Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 17.11.2014 dem Kläger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach bewilligt und mit Bescheid vom 20.04.2016 die Kostenübernahme für die Umschulung zum Bilanzbuchhalter (IHK) bewilligt. Im Rahmen der beruflichen Rehabilitationsmaßnahme absolvierte der Kläger ein Praktikum bei R. in der Zeit vom 07.04.2017 bis 13.10.2017. Am 03.08.2017 wurde der unbefristete Anstellungsvertrag bei R. unterschrieben.

Mit Bescheid vom 05.01.2017 erklärte die Beklagte die grundsätzliche Kostenübernahme für den Umzug des Klägers von O. nach S. gemäß dem vorgelegten Kostenangebot vom 21.10.2016 in Höhe von 4.044,81 €. Der Umzug fand am 04./ 05.01.2017 statt. Mit Bescheid vom 16.03.2017 wurden für diesen Umzug 4.009,11 € von der Beklagten bezahlt.

Mit Antrag vom 12.02.2018, eingegangen am 19.02.2018 machte der Kläger erneute Umzugskosten in Höhe von 3.245,13 € plus 60,00 € Fahrtkosten geltend, da er wegen Schimmelbefall der Wohnung in S. umziehen musste. Im Mai 2017 fand der Umzug statt. Die Beklagte forderte daraufhin den Kläger am 27.02.2018 auf, für diesen Antrag Fragen zu beantworten. Die Antwort des Klägers erfolgte mit Schreiben vom 02.11.2018, eingegangen am 06.11.2018. In diesem Schreiben macht der Kläger auch weitere Umzugskosten geltend und erhöht die Forderung auf 12.561,43 €.

Mit Bescheid vom 19.11.2018 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für den Umzug von S. nach A-Stadt ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2019 zurückgewiesen.

Am 23.04.2019 wurde Klage beim Sozialgericht Nürnberg eingereicht.

Der Kläger führt aus, der Umzug von S. nach A-Stadt sei notwendig gewesen, da sein Praktikum gefährdet gewesen wäre. Denn wegen des Schimmelbefalls der Wohnung in S. sei es bei ihm zu Konzentrationsstörungen während des Praktikums gekommen. Zudem leide er an einer Hauterkrankung und sein Lebenspartner sei gesundheitlich vorbelastet, da er an einer HIV-Erkrankung im Stadium B3 leide. Deswegen habe er das Badezimmer nicht mehr benutzen können und das Schlafzimmer habe in das Kinderzimmer verlegt werden müssen.

Außerdem gibt der Kläger an, bereits im April 2017 hätte seine damalige Rechtsanwältin M. den Auftrag gehabt, den Antrag bei der Beklagten zu stellen. Er selbst habe am 08.05.2017 einen Antrag an die Beklagte geschickt und gefaxt.

Der Kläger beantragt daher,

den Bescheid vom 19.11.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Umzugskosten in Höhe von 12.561,43 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, der Kläger habe den ersten Umzug von O. nach S. erstattet bekommen, weil er im Rahmen der beruflichen Rehabilitationsmaßnahme an einem Praktikum in N. teilnahm. Für den zweiten Umzug fehle es jedoch an einem Umzug, der durch die Aufnahme einer Beschäftigung bedingt ist. Der gesetzliche Auftrag zur Förderung der Berufsaufnahme sei durch die Übernahme der Kosten des Umzugs nach S. erfüllt worden. Zudem seien die Voraussetzungen des § 15 SGB IX (Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch, in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung) nicht erfüllt.

Zur weiteren Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zum örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht Nürnberg erhobene Klage ist zulässig, §§ 51 Abs. 1 Nr. 1, 57 Abs. 1 SGG, jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Kostenübernahme für seine Umzugskosten in Höhe von 12.561,43 €.

Gem. § 33 SGB IX (in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung) hat der Kläger keinen Anspruch auf weitere Umzugskostenerstattung. Bei § 33 SGB IX spricht das BSG im Hinblick auf die Leistungen von einem "offenen Leistungskatalog" (vgl. Luik in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. 2018, § 49 SGB IX). Umzugskosten sind in dieser Vorschrift nicht näher erläutert bzw. genannt.

Umzugskosten können aber nur erstattet werden, wenn durch die Aufnahme einer Beschäftigung der Umzug bedingt ist, d.h. wenn eine tägliche Rückkehr zum Wohnort nicht zuzumuten ist. Der gesetzliche Auftrag zur Förderung der Berufs...

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