Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Beitragsnachforderung. Sozialversicherungspflicht. Kükensortierer (Chickensexer). abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Kompetenz des Rentenversicherungsträgers zur Erhebung von Säumniszuschlägen
Leitsatz (amtlich)
1. Zur abhängigen Beschäftigung sogenannter Kükensortierer (Chickensexer).
2. Dem Rentenversicherungsträger steht auch die Kompetenz zur Erhebung von Säumniszuschlägen auf eine Beitragsnachforderung im Rahmen einer Betriebsprüfung zu.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Streitwert wird auf 261.115,06 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Beitragsbescheides der Beklagten über die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 261.115,06 EUR einschließlich Säumniszuschlägen von 56.158,26 EUR.
Der im Jahre 1939 in Japan geborene und aufgewachsene Kläger erlernte dort das Sortieren von Küken nach Geschlecht und kam Anfang der 1960er Jahre nach Europa, wo er zunächst für eine belgische Agentur als Kükensortierer (sog. Chickensexer) tätig war. Seit dem 1. April 1967 betreibt der Kläger in Deutschland ein Gewerbe, indem er Geflügelzuchtbetrieben das Sortieren von Küken nach Geschlechtern anbietet, zunächst in K. in L., seit dem 1. Juli 1982 in M. /Landkreis N.. Die tatsächliche Tätigkeit wird ausgeübt von Kükensortierern aus dem asiatischen Raum, die vom Kläger - nachdem er zunächst einige Jahre unter eigenem Namen firmiert hatte - seit Anfang der 1970er Jahre unter dem Briefkopf der “O.„ (P.) angeworben wurden. Der Kläger schloss unter dem Briefkopf der P. mit dem Zusatz "Vertretung für Deutschland Q. " Arbeitsverträge, in denen der Arbeitgeber als "A" und der Arbeitnehmer als "B" bezeichnet wurden. Diese Verträge enthielten überwiegend wortgleich folgende Regelungen:
1. "B" ist bei der R. als Kükensortierer/in tätig und verpflichtet sich, von dem Tag seiner/ihrer Ankunft in M. an der Organisationsvertretung gemäß dieses unterschriebenen Vertrags zur Verfügung zu stehen und den Anordnungen des Arbeitgebers genau Folge zu leisten.
2. Als tägliche Arbeitsdauer wird grundsätzlich eine achtstündige Arbeitszeit von "A" bestimmt. Diese kann aus Zweckmäßigkeitsgründen geändert werden.
3. "B" garantiert in der Lage zu sein, mindestens 1200 Küken in einer Stunde mit einer Genauigkeit von 99% Sicherheit zu sortieren.
4. Die Berechnung ist grundsätzlich nachträglich zum Monatsende fällig. Für den Fall, daß "B" die in diesem Vertrag aufgeführten Punkte einhält, beträgt sein Sortierlohn mindestens 2000 DM im Monat [o.ä., später z.B.: mindestens 13.000,- EUR jährlich].
5. Die Kosten für den Lebensunterhalt sind von "B" selbst zu tragen.
6. Der Vertrag wird für ein Kalenderjahr geschlossen und beginnt mit dem Tage des Dienstantritts von "B".
7. Eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses über das vertragliche eine Jahr hinaus, kann mit gegenseitigem Einvernehmen erfolgen.
8. "B" darf seine Arbeit nicht verweigern. Falls "B" die Abmachungen des Vertrages nicht einhält oder nicht einhalten kann, kann "A" "B" in seine Heimat zurückschicken, dessen Kosten "B" zu tragen hat. Vor der Abreise muß jedoch die Sortierarbeit von "B" so lange fortgesetzt werden, bis der nachfolgende Arbeiter diese Arbeit übernommen hat.
Derartige Verträge schloss der Kläger im Namen der P. im Laufe der Jahre mit zahlreichen Kükensortierern, darunter auch die Beigeladenen zu 1) und 2). Zudem stellte der Kläger unter dem gleichen Briefkopf für die Angeworbenen eine Arbeitsbescheinigung aus, in der er gegenüber dem Landkreis N. bestätigte, dass die Kükensortierer bei der P. zu einem bestimmten Nettolohn unbefristet beschäftigt seien. Für den Beigeladenen zu 3), der ebenfalls für den Kläger bzw. die P. als Kükensortierer tätig wurde, liegt kein solcher Arbeitsvertrag vor. Der Beigeladene zu 3), wie der Kläger japanischer Staatsangehöriger, kam etwa im Jahre 1985 durch Vermittlung einer für den Kläger bzw. die P. arbeitenden Familie in die Bundesrepublik Deutschland und arbeitete in der Folgezeit über die P. und den Kläger als Kükensortierer. Er heiratete ca. 1993 seine deutsche Ehefrau, kehrte dann zurück nach Japan und kam im Jahre 2002 mit seiner Familie wieder nach Deutschland. Vom 15. September 2002 bis 15. Oktober 2003 war der Beigeladene zu 3) dann bei der Fa. S., einem Brutbetrieb, für den der Kläger und die über die P. beschäftigten Kükensortierer überwiegend tätig waren, sozialversicherungspflichtig beschäftigt und sollte ausweislich eines vom Kläger quittierten Schreibens vom 13. September 2002 in dieser Zeit “unter der Regie des Klägers„ in der Brüterei eingesetzt werden. Der Kläger hatte gegenüber dem Brutbetrieb zuvor schriftlich bestätigt, die dadurch entstehenden Kosten zu übernehmen: Die Kosten in Höhe von ca. 1.200,- EUR monatlich (1.000,- E...