Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Arbeitslosengeld II-Bezieher. Abgrenzung der Krankenversicherungspflicht in der privaten und gesetzlichen Krankenversicherung. Auslegung des Merkmals der "Unmittelbarkeit" in § 5 Abs 5a SGB 5. Maßgeblichkeit des aufgrund der letzten beruflichen Tätigkeit erworbenen Status. einstweiliger Rechtsschutz
Leitsatz (amtlich)
Für die Frage, ob die Krankenversicherungspflicht von Alg II-Beziehern in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 2a SGB 5 ausgeschlossen ist, weil unmittelbar vor dem Alg II-Bezug eine gesetzliche oder private Krankenversicherung nicht bestanden hatte, ist iS des § 5 Abs 5a SGB 5 nicht Voraussetzung, dass der Alg II-Bezieher unmittelbar zuvor auch zum Kreis der versicherungsfreien Personen gehört haben muss.
Orientierungssatz
Bei der Auslegung und Anwendung der Regelungen über den vorläufigen Rechtsschutz sind die Gerichte gehalten, der besonderen Bedeutung der betroffenen Grundrechte, insbesondere desjenigen aus Art 19 Abs 4 GG, Rechnung zu tragen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die einstweilige Anordnung die endgültige Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorwegnehmen darf.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der geschiedene, alleinlebende und am … geborene Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes den Antragsteller zu verpflichten, ihm vorläufige Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren.
Der Antragsteller bezieht seit dem 01. März 2012 Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Ausweislich der Entlassungsurkunde vom 09. Dezember 2012 befand sich der Antragsteller bis zum Ablauf des 31. Dezember 2011 in einem Beamtenverhältnis zur Bundesrepublik Deutschland. Eine private Krankenversicherung bestand zu diesem Zeitpunkt und im Zeitraum danach nicht. Eine Mitgliedschaft bei der Deutscher Ring Krankenversicherung endete wegen ausbleibender Beitragszahlungen am 04. Dezember 2007.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 13. Juni 2012 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Aufnahme als Mitglied in der Pflichtversicherung. Unter Hinweis auf eine unmittelbar vor dem Leistungsbezug nach dem SGB II bestehendes privates Krankenversicherungsverhältnis lehnte die Antragsgegnerin die Aufnahme mit Schreiben vom 054. Juli 2012 ab, wogegen der Antragsteller mit anwaltlichem Schreiben vom 13. Juli 2012 Widerspruch einlegte. Das Widerspruchsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Mit schriftlichem Antrag beim Sozialgericht Potsdam vom 28. August 2012 auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes verfolgt der Antragsteller sein Interesse weiter. Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf den Umstand, dass er unmittelbar vor Beginn des Leistungsbezuges nach dem SGB II am 01. März 2012 nicht privat krankenversichert gewesen sei.
Er beantragt schriftsätzlich,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufige Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren,
und ihm unverzüglich eine Krankenversicherungskarte auszuhändigen.
Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich und sinngemäß,
den Antrag abzulehnen.
Er verweist zur Begründung auf die Regelung des § Abs. 5 a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und meint, dass der Antragsteller verpflichtet gewesen sei, ein privates Krankenversicherungsverhältnis einzugehen. Er müsse sich daher so behandeln lassen, als habe ein solches bestanden.
Wege der weiteren Einzelheiten des Falles wird auf die Gerichtsakten und die wechselseitigen Schriftsätze verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.
Nach § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache - sofern es sich, wie hier, bei dieser nicht um eine Anfechtungssache im Sinne des § 86 b Abs. 1 SGG handelt - auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Eine einstweilige Anordnung ist auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). In beiden Fällen ist Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes. Dabei bezieht sich der Anordnungsanspruch auf den im Hauptsacheverfahren streitigen Anspruch und damit auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Der Anordnungsgrund betrifft die Frage der Dringlichkeit oder Eilbedürftigkeit und stellt damit den Grund für den einstweiligen Rechtsschutz dar. Als Anordnungsgrund verlangt das Gesetz für die Sicherungsanordnung eine Gefahr für die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers (§ 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG) und für die Regelungsanordnung die Abwend...