Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Erfüllung der Anwartschaftszeit. keine Berücksichtigung von Versicherungszeiten in der Schweiz. Fehlen inländischer Versicherungszeiten. Grenzgängereigenschaft. Wohnort in der Schweiz
Leitsatz (amtlich)
Kein Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Bundesrepublik Deutschland bei ausschließlicher Vorbeschäftigung in der Schweiz.
Orientierungssatz
Zum Vorliegen der Voraussetzungen der Rechtsfigur eines echten und unechten Grenzgängers.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Anspruch auf Arbeitslosengeld ab dem 04.05.2016.
Der 1993 geborene ledige Kläger war nach dem Abschluss seiner Berufsausbildung ab dem 25.08.2014 bis zum 31.03.2016 in der Schweiz als Bohrhelfer versicherungspflichtig beschäftigt. Hieran anschließend hat er ebenfalls in der Schweiz als Bohrarbeiter bis zum 04.05.2016 versicherungspflichtig gearbeitet. Nachdem dieses letzte versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis in der Schweiz durch den Arbeitgeber gekündigt worden war, hat sich der Kläger am 04.05.2016 bei der Bundesagentur für Arbeit W. arbeitslos gemeldet und die Bewilligung des Arbeitslosengeldes beantragt. Im Rahmen des Antragsverfahrens hat die Beklagte den Kläger gebeten, das Zusatzblatt "Prüfung Grenzgänger-Eigenschaft" auszufüllen, um feststellen zu können, ob die ausländischen Versicherungs- und Beschäftigungszeiten des Klägers für den Anspruch auf Arbeitslosengeld in Deutschland berücksichtigt werden können. Der Kläger hat in diesem Fragebogen die gestellten Fragen wie folgt beantwortet:
- Ich habe vor der Antragstellung zuletzt eine Beschäftigung im Ausland ausgeübt: Ja.
- Ich habe vor Beginn der Beschäftigung in Deutschland gewohnt und habe während des Arbeitsverhältnisses meinen Wohnsitz in Deutschland aufrecht erhalten: Ja,
wohnhaft in der Schweiz gemeldet, Wohnsitz in der Schweiz, "Wohnsitz" Deutschland im Elternhaus;
- ich bin während des Arbeitsverhältnisses zuletzt täglich oder einmal wöchentlich an meinen Wohnort in Deutschland zurückgekehrt: Nein, 2 - 3mal monatlich (Wochenendbesuche bei den Eltern).
- Meine Familie hat sich während der Beschäftigung weiterhin in Deutschland aufgehalten: Ja.
- Ich habe während der Beschäftigung im Ausland gesellschaftliche und berufliche Kontakte (z. B. Vereinstätigkeit, Fortbestehen von Mitgliedschaften in Berufsverbänden) in Deutschland aufrechterhalten: Nein.
- Ich bewohnte im Beschäftigungsland ein möbliertes Zimmer.
- Meine Kontakte im Beschäftigungsland waren auf einen dauerhaften Aufenthalt angelegt: Ja;
- während des Arbeitsverhältnisses war der Hausstand eingerichtet in der Schweiz; bei längeren Urlaubsaufenthalten hat sich der Kläger in Deutschland bei seinen Eltern und Geschwistern aufgehalten, kürzere Urlaube von vier bis fünf Tagen wurden in der Schweiz verbracht.
Am Ende dieses Fragebogens hat der Kläger unterschriftlich versichert, dass seine Angaben zutreffend sind.
Aufgrund dieser Angaben erging der Bescheid vom 27.09.2016, mit dem der Anspruch auf Arbeitslosengeld abgelehnt wurde. Die Beklagte hat diesbezüglich lediglich darauf hingewiesen, dass der Kläger in den letzten zwei Jahren vor dem 04.05.2016 weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig gewesen sei und deswegen die Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe. Zeiten, die in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union bescheinigt worden seien, würden bei dieser Entscheidung bereits berücksichtigt.
Der Kläger hat dieser Entscheidung widersprochen mit Widerspruch vom 14.10.2016. Zur Begründung hat er dabei darauf hingewiesen, dass er im Zeitraum vom 25.08.2014 bis 03.05.2016 durchgehend versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Unter Berücksichtigung der Versicherungszeiten werde gebeten, erneut über den Antrag auf Arbeitslosengeld zu befinden. In der Akte der Beklagten befinden sich sodann Gesprächsvermerke unter anderem vom 17.03.2016, in denen Folgendes vermerkt ist:
Persönliche Vorsprache. Herr L. war zuletzt mit seinem Vater als Bohrhelfer in der Schweiz beschäftigt. Da sich die Firma aufgelöst hat, sucht er nun nach einer neuen Arbeitsstelle. Dabei ist sich Herr L. noch unsicher, ob er mit seinem Vater wieder in die Schweiz geht oder lieber in Deutschland arbeiten möchte. Als Maurer in Deutschland wäre ihm der Verdienst zu wenig. Voraussichtlich erhält er nächste Woche einen Anruf aus der Schweiz für ein Probearbeiten. Sobald er den genauen Zeitraum hierfür weiß, wird er sich bei der Agentur melden um Genehmigung durch AGS zu beantragen.
In einem weiteren Gesprächsvermerk vom 03.05.2016 ist vermerkt, dass der Kläger definitiv wieder in der Schweiz im Bereich Tiefbohrungen arbeiten möchte.
Des Weiteren ist in einem Gesprächsvermerk am 31.05.2016 vermerkt, dass der Kläger mitgeteilt habe, dass er auf jeden Fall wieder eine Beschäftigung in der Schweiz sucht, da hier die Bezahlung überdurchschnittlich hoch sei. Er habe sich telefonisch bei einigen Firmen gemeldet, ...