Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Gesellschafter-Geschäftsführer. Sperrminorität des Minderheitsgesellschafters. vertragliche Zusicherung der Weisungsfreiheit. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung
Leitsatz (amtlich)
Eine für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit ausreichende Sperrminorität und Gestaltungsmacht kann sich auch aus einem gesellschaftsvertraglichen Zustimmungserfordernis zugunsten eines Minderheitsgesellschafters ergeben, welches Änderungen seines Geschäftsführervertrages erfasst und dieser Vertrag ua die weisungsfreie Ausübung der Gesellschaftertätigkeit vorsieht.
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 21.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2014 wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer für die Beigeladene seit dem 01.01.2013 nicht abhängig beschäftigt ist und insoweit nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
3. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Beigeladenen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status der vom Kläger bei der Beigeladenen ausgeübten Tätigkeit.
Die Beigeladene ist eine GmbH, deren geschäftliche Tätigkeit im Bereich der Zimmerei und des Innenausbaus liegt. Der für die Beigeladene namensgebende Mehrheitsgesellschafter M… verfügt über ein Gesellschaftsanteil von 52 % und ist Zimmermann, der Kläger verfügt über einen Gesellschaftsanteil von 24 % und ist Zimmermannsmeister; daneben ist ein weiterer Gesellschafter, B…, ebenfalls mit 24 % beteiligt, dieser ist Zimmermann und Energieberater.
Die mit notariellem Vertrag vom 27.11.2012 gegründete Beigeladene wurde am 18.01.2013 in das Handelsregister eingetragen. Ausweislich des Gesellschaftsvertrages habe die Gesellschaft einen oder mehrere Geschäftsführer. Bei mehreren Geschäftsführern werde sie durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. Bei einem Geschäftsführer dagegen durch diesen allein (§ 4 Abs. 2 ). Die Gesellschafter können die Vertretung und Geschäftsführung abweichend regeln, insbesondere Einzel- statt Gesamtvertretung anordnen, die Geschäftsführungsbefugnis einschränken oder erweitern, sowie Befreiung von der Beschränkung des § 181 BGB erteilen (§ 4 Abs. 3). Gesellschafterbeschlüsse werden mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, wenn und soweit das Gesetz oder dieser Gesellschaftsvertrag keine andere Mehrheit vorsehen (§ 6 Abs. 3). Eine Änderung des Gesellschaftsvertrages sowie dessen Auflösung kann nur mit 75%iger Mehrheit erfolgen. Gesellschafter, die zum Geschäftsführer bestellt sind, müssen in jedem Fall zustimmen, wenn Beschlüsse über die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern, über den Abschluss, die Änderung und Kündigung von Anstellungsverträgen, sofern die betreffenden Personen Gesellschafter sind, gefasst werden sollen (§ 6 Abs. 7). Jeder Gesellschafter könne die Gesellschaft mit einer Frist von 6 Monaten zum Schluss des Geschäftsjahres kündigen (§ 10 Abs. 1 Satz 1). Im Falle der Kündigung der Gesellschaft werde diese von den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt (§ 10 Abs. 2 Satz 1).
Nach dem Geschäftsführervertrag zwischen der Beigeladenen und dem Kläger werde diese ab dem 01.01.2013 als Geschäftsführer der Beigeladenen tätig (Nr. 1). Er vertrete die Gesellschaft allein und sei von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit (Nr. 2.1). Er führe die Geschäfte der Beigeladenen nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung und des Anstellungsvertrages. Im Übrigen leite er die Geschäfte der Beigeladenen selbständig, nach eigenem Ermessen und weisungsfrei (Nr. 2.2). Der Arbeitseinsatz erfolge nach eigenem Ermessen des Klägers und nach Bedarf der Firma (Nr. 3). Der Kläger erhalte Bezüge in Höhe von 3.800 € monatlich. Dieser Betrag werde nach Auftragslage und Leistungsfähigkeit der Beigeladenen angepasst (Nr. 4.1). Zusätzlich erhalte er eine jährliche Sonderzahlung, die zwischen den Parteien frei vereinbart werde und sich am Geschäftsergebnis des zurückliegenden Geschäftsjahres orientiere (Nr. 4.2). Der Kläger könne Dauer und Länge seines Urlaubs frei bestimmen, solange die Belange der Gesellschaft nicht beeinträchtigt würden (Nr. 5).
Nach einem Stimmbindungsvertrag vom 17.08.2013 zwischen sämtlichen Gesellschaftern der Beigeladenen verpflichteten sich diese zur Verwirklichung der einheitlichen Führung der Gesellschaft in Zukunft übereinstimmend abzustimmen oder sich übereinstimmend der Stimme zu enthalten (Nrn. 1a). Der Stimmbindungsvertrag gelte für alle Gesellschafterbeschlüsse, die bei der Gesellschaft zu treffen seien (Nr. 1b).
Nach einem Darlehensvertrag vom 17.08.2013 gewährte der Kläger der Beigeladenen ein Darlehen in Höhe von 50.000 €.
Mit am 19.08.2013 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben begehrte der Kl...