Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbefotografen. keine Künstler iS des Künstlersozialversicherungsgesetzes
Leitsatz (amtlich)
Werbefotografen sind regelmäßig keine Künstler iS des KSVG
(Abweichung von BSG vom 12.11.03 - B 3 KR 8/03 R = SozR 4-5425 § 24 Nr 2; BSG vom 12.11.03 - B 3 KR 10/03 R = SozR 4-5425 § 24 Nr 3; BSG vom 4.3.04 - B 3 KR 15/03 R = Die Beiträge Beilage 2005, 12; BSG vom 12.05.05 - B 3 KR 39/04 R = SozR 4-5425 § 2 Nr 4 und BSG vom 28.02.07 - B 3 KS 2/07 R = BSGE 98, 152 = SozR 4-5425 § 2 Nr 11).
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 18.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.07.2008 wird aufgehoben.
2. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Entrichtung der Künstlersozialabgabe auf Honorare, die die Klägerin an zwei selbstständige Fotografen gezahlt hat.
Die Klägerin hat zum Gegenstand ihres Unternehmens gemäß den Eintragungen im Handelsregister die Herstellung und Vermittlung von Produkten der Druckvorstufe, wie Satz, Illustration, Gestaltung, Bildbearbeitung, Retusche sowie die Vermittlung und Abwicklung von Drucksachen für Kunden. Im Rahmen einer Prüfung der Abgabepflicht und der Höhe der Abgabe nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) gab die Klägerin in einem Erhebungsbogen am 10.02.2008 an, sie betreibe Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte und habe seit dem Jahr 2004 gegen Entgelt Leistungen von selbstständigen Werbefotografen in Anspruch genommen (im Jahr 2004 € 4.700,00, 2005 € 28.700,00, 2006 € 47.600,00 und im Jahr 2007 € 41.800,00).
Mit dem Bescheid vom 18.03.2008 setzte die Beklagte eine Verpflichtung der Klägerin zur Entrichtung der Künstlersozialabgabe für die Zeit ab 01.01.2002 bis 31.12.2006 in Höhe von € 4.484,70 fest. Die Klägerin habe nicht nur gelegentlich selbstständige Künstler/Publizisten beauftragt, um für sie künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen zu erbringen. Mit dieser Nutzung sei auch der Wille verbunden gewesen, Einnahmen zu erzielen. Der Bemessung der Abgabe legte die Beklagte die von der Klägerin angegebenen Honorarzahlungen zugrunde.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 02.04.2008, eingegangen bei der Beklagten am 07.04.2008. Sie trug vor, keine Aufträge an selbstständige Künstler zu erteilen. Die Honorare seien an den Fotografenmeister Herrn L. (nachfolgend L.), der Mitglied der Handwerkskammer und nicht zur Künstlersozialversicherung berechtigt sei, sowie an die Fotografin P. (nachfolgend P.), die ebenfalls nicht Mitglied der Künstlersozialkasse sei, geflossen. Die von ihnen erstellten Aufnahmen seien nicht künstlerisch, da genaue Kundenvorgaben, wie sie zum Beispiel von der Firma ... gemacht würden, zu beachten gewesen seien. Zudem würden die Rechnungen der Fotografen auch technische Leistungen und Personalkosten beinhalten.
Nach Anhörung wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2008 zurück. Werbung im Sinne des KSVG sei bereits jede darauf zielende Vorbereitungshandlung. Ansonsten wäre unverständlich, dass der Gesetzgeber die Werbung als abgabepflichtige Verwertungsform in das Gesetz aufgenommen habe. Auf die Frage der Versicherungspflicht der Fotografen komme es nicht an. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 12.05.2005 (B 3 KR 38/04 R) seien Fotografen, die zu Werbezwecken Bilder machten, Künstler.
Deswegen hat die Klägerin am 20.08.2008 Klage beim Sozialgericht Reutlingen erhoben. Die Klägerin trägt vor, weder L. noch P. seien Künstler. Die Abgabepflicht könne daher nicht entstehen. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 28.02.2007 (B 3 KR 2/07 R) sei die Fotografie hier keine Kunst. Zudem seien mindestens 55,7% der abgerechneten Kosten technische Kosten und zusätzliche Personalkosten. Sie hat die Preislisten des L. und der P. eingereicht. Weiter trägt sie vor, der Künstlerbericht aus dem Jahr 1975 sei veraltet. Der Werbefotograf habe eine handwerkliche Prägung. Er sei nicht als Künstler anerkannt, insbesondere nicht mit dem Fotodesigner vergleichbar. Auf “Alt-Entscheidungen„ des BSG dürfe nicht verwiesen werden. Die an L. und P. erteilten Aufträge hätten sich auf die naturgetreue Ablichtung der maßgeblichen Objekte beschränkt. Die Klägerin hat im Erörterungstermin vom 12.02.2009 Wäscheverpackungen der Firma ... mit Fotografien, die in ihrem Auftrag erstellt worden sind, zur Akte gereicht.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.07.2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte wiederholt zur Erwiderung die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Nach den Urteilen des Bundessozialgerichts vom 12.11.2003 (B 3 KR 8/03 und B 3 KR 10/03 R) sowie vom 04.03.2004 (B 3 KR 17/03 R) sei der Werbefotograf künstlerisch tätig. Die Werbefotografie gehöre zu den Katalogberufen des Künstlerberichts. Im Übrigen müss...