Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschäftigungspflicht von Arbeitgebern. Berechnung der Anzahl der Pflichtarbeitsplätze für schwerbehinderte Menschen. Besetzung der Pflichtarbeitsplätze bei einem zugelassenen Maßnahmeträger. besondere Einrichtung der beruflichen Rehabilitation. Nichtberücksichtigung von Maßnahmeteilnehmern. Abschluss eines Berufsausbildungsvertrags

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Maßnahmenträger, der im Auftrag und zu Lasten der BA als Reha- Leistungsträgerin berufliche Bildungsmaßnahmen für schwerbehinderte Menschen in einer besonderen Einrichtung für behinderte Menschen durchführt, kann nicht die Teilnehmer solcher Maßnahmen bei der Feststellung seiner Pflicht als Arbeitgeber zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auf die Zahl der besetzten Pflichtarbeitsplätze anrechnen. Dies gilt auch dann, wenn der Maßnahmenträger mit den Teilnehmern solcher beruflicher Bildungsmaßnahmen Berufsausbildungsverträge nach dem BBiG abgeschlossen hat.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 04.03.2021; Aktenzeichen B 11 AL 3/20 R)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Feststellungsbescheid der Beklagten, mit dem die Zahl der besetzten Pflichtarbeitsplätze nach dem Schwerbehindertengesetz gegenüber ihrer Anzeige korrigiert wurde.

Die Klägerin ist ein eingetragener Verein. Nach § 2 ihrer Satzung besteht der Vereinszweck im Wesentlichen in der Unterhaltung von Einrichtungen und Schulen, die nach den Grundsätzen der katholischen Kirche Kindern, Jugendlichen, jungen Volljährigen und körperlich und geistig behinderten Menschen sowie sozial benachteiligten Menschen durch die Bereitstellung von Einrichtungen und Diensten der Erziehungshilfe, der Gesundheits- und Behindertenhilfe sowie von schulischen und beruflichen Angeboten helfen soll. Im Sinne des Vereinszweckes ist die Klägerin Trägerin des Jugendwerks St. J... in L.... Das Jugendwerk fördert mit ca 300 bis 400 eigenen Mitarbeitern die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Sie erbringt daher in Zusammenarbeit mit den Trägern der Jugendhilfe Leistungen nach dem SGB VIII. Das Jugendwerk St. Josef ist zudem eine nach § 35 SGB IX anerkannte Einrichtung, deren Zweck die Durchführung von Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation ist. Das Jugendwerk L... wurde daher von der Beklagten als Maßnahmeträger zur Durchführung von Maßnahmen der Berufswahl und Berufsausbildung nach dem dritten Abschnitt des 3. Kapitels des SGB III und zu Maßnahmen zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben nach dem Siebten Abschnitt des 3. Kapitels SGB III zugelassen. Zur Durchführung dieser Maßnahmen schlossen die Beklagte und das Jugendwerk St. J... im Mai 2013 einen Vertrag über die Durchführung von Maßnahmen nach § 117 Abs 1 Nr 1 a SGB III in vergleichbaren Einrichtungen nach § 35 SGB IX. Entsprechend § 19 des Vertrages erhält das Jugendwerk L... für jeden in eine Maßnahme zugewiesenen Teilnehmer den vereinbarten Monatspreis.

Die Beklagte hatte ua zur Durchführung von Maßnahmen nach § 117 Abs 1 Nr 1 a SGB III in Verbindung mit § 35 SGB IX drei Maßnahmeteilnehmer der Klägerin bzw dem Jugendwerk zugewiesen. Es handelte sich hierbei um die Schwerbehinderten J... N... geboren 1994, D... S... geboren 1993 und J.. S... geboren 1994. Die Maßnahmeteilnehmerin N... absolvierte beim Jugendwerk in der Zeit vom 1.8.2012 bis zum 18.8.2016 eine Ausbildung zur Werkerin im Gartenbau. Anlässlich dieser Ausbildung schloss die Klägerin mit der Auszubildenden einen Berufsausbildungsvertrag über die dreijährige Ausbildung. Eine Ausbildungsvergütung wurde von der Klägerin nicht gezahlt, vielmehr förderte die Beklagte die Ausbildung gegenüber der Teilnehmerin N... mit der Gewährung von Ausbildungsgeld. Die Klägerin erhielt als Maßnahmeträgerin für die Durchführung der Maßnahme monatlich ein Entgelt in Höhe von 1.126,44 Euro. Das gleiche gilt für die Maßnahmeteilnehmer S..., der für die Zeit vom 19.8.2013 bis zum 18.8.2016 eine Berufsausbildung zum Werker im Gartenbau bei der Klägerin durchführte, sowie für J... S..., die vom 10.8.2012 bis zum 9.8.2015 eine Ausbildung zur Hauswirtschafterin bei der Klägerin durchlief.

Am 24.3.2015 ging bei der Beklagten die Erklärung der Klägerin zur Durchführung des SGB IX (Anzeigeverfahren nach § 80 Abs 2 SGB IX) für das Kalenderjahr 2014 für das Jugendwerk St. J... L... ein. Darin gab die Klägerin an, in der Jahressumme seien Arbeitsplätze beim Jugendwerk nach § 73 Abs 1 bis 3 SGB IX von 3.254 zu berücksichtigen. Das Soll der Pflichtarbeitsplätze betrage 163. Von diesen Pflichtarbeitsplätzen seien insgesamt 134 tatsächlich besetzt, sodass die Zahl der unbesetzten Pflichtarbeitsplätze 29 betrage. Bei der Berechnung der besetzten Pflichtarbeitsplätze berücksichtigte die Klägerin dabei die drei genannten Maßnahmeteilnehmer doppelt und stützte sich dabei auf die Regelung des § 76 Abs 2 SGB IX.

Mit Bescheid vom 15.4.2015 stellte die Beklagte in der dem Bescheid beigefügten Anlage die Zahl der unbesetzten ...

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