Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Einkommen des Grundsicherungsberechtigten bei der Entscheidung über dessen Hilfebedürftigkeit
Orientierungssatz
1. Bei der Entscheidung über die Hilfebedürftigkeit des Grundsicherungsberechtigten stellt nur der wertmäßige Zuwachs Einkommen i. S. des § 11 Abs. 1 SGB 2 dar. Dieser Zuwachs muss dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleiben. Entscheidend ist allein, ob im Bedarfszeitraum Einkommen in bedarfsdeckender Höhe tatsächlich und zur endgültigen Verwendung zur Verfügung steht.
2. Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt als nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung kein Einkommen dar, auch wenn es als sog. bereites Mittel zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwendet werden könnte. Beweispflichtig für das tatsächliche Bestehen eine Darlehensvertrages ist der Hilfebedürftige.
3. Können weder der Zeitpunkt des Vertragsschlusses substantiiert vorgetragen noch die Rückzahlungsmodalitäten nachgewiesen werden, so geht dies nach der Sphärentheorie zu Lasten des Leistungsberechtigten.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Kläger begehren im Wege des Überprüfungsverfahrens höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), nämlich ohne Anrechnung von Einkommen in Höhe von insgesamt 14.530,00 EUR für den Leistungszeitraum 15. Februar 2007 bis 30. April 2009.
Der im Jahr 1971 geborene Kläger zu 1. lebt zusammen mit seiner im Jahr 1974 geborenen Frau, der Klägerin zu 2., und den gemeinsamen Kindern, den Klägern zu 3. bis 6. in Bedarfsgemeinschaft.
Der Kläger zu 1. war bis ca. 2010 Eigentümer einer Wohnung in der A-Straße in A-Stadt. Er besitzt ein Girokonto bei der U. (Kontonummer: 1967207) und ein Girokonto bei der Sparkasse B-Stadt (Kontonummer: 18132175). Vom letzteren Girokonto wurde - bis zur Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung der Kläger - der Wohnungskredit regelmäßig abgebucht. Ausweislich des Jahreskontoauszuges für das Jahr 2008 belief sich die Restdarlehenssumme für diese Eigentumswohnung auf 74.010,06 EUR.
Der Kläger zu 1. ist Bruder des Zeugen A., der Geschäftsführer der V. GmbH mit Hauptsitz in W. ist. In A-Stadt befindet sich der Sitz der Europavertretung der V. GmbH. Der Zeuge A. ist zudem Inhaber der A. Handels- und Logistik GmbH, die Schuhe vertreibt. Der Kläger zu 1. war bei seinem Bruder, dem Zeugen A., als Bürokaufmann und im Außendienst angestellt. Bis 8. Juli 2008 hatte der Kläger zu 1. überdies Vollmacht über das Firmenkonto.
Am 15. Februar 2007 beantragte der Kläger zu 1. für sich und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen, die Kläger zu 2. bis 6., erstmalig Leistungen nach dem SGB II. Er legte Auszüge von seinem Sparkassen- und seinem U. Konto vor. Hieraus war ersichtlich, dass der Kläger am 8. Februar 2007 eine Bareinzahlung in Höhe von 1.500,00 EUR und am 28. Februar 2007 eine Bareinzahlung in Höhe von 600,00 EUR tätigte. Am 16. März 2007 gab der Kläger zu 1. gegenüber dem Beklagten diesbezüglich an, er habe zunächst 700,00 EUR von seinem U. Konto abgehoben und sich weitere 800,00 EUR von seinem Bruder A. geliehen; die Gesamtsumme von 1.500,00 EUR hätte er sodann auf das Konto eingezahlt. In Bezug auf die Einzahlung am 28. Februar 2007 in Höhe von 600,00 EUR erklärte der Kläger, auch diesen Betrag habe er sich von seinem Bruder geliehen. Als Nachweis legte er einen vom 1. März 2007 datierten Darlehensvertrag zwischen dem Kläger zu 1. und dem Zeugen A. über einen Betrag von 1.400,00 EUR vor. Das Darlehen sollte bis zum 1. Juli 2007 zurückgezahlt werden.
Durch Bescheid vom 12. April 2007 erbrachte der Beklagte für die Kläger Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 15. Februar 2007 bis zum 31. August 2007 unter Anrechnung des damals noch vom Kläger zu 1. bezogenen Arbeitslosengeldes I und unter Anrechnung des Kindergeldes.
Auf den Weiterbewilligungsantrag der Kläger vom 27. Juli 2007 erbrachte der Beklagte durch Bescheid vom 15. August 2007, geändert durch Bescheid vom 20. September 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. September 2007 bis zum 29. Februar 2008.
Durch Bescheid vom 5. März 2008 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 1. April 2008 gewährte der Beklagte den Klägern Leistungen für den Zeitraum vom 1. März 2008 bis zum 31. August 2008. Durch Bescheid vom 29. September 2008 erbrachte der Beklagte Leistungen für den Zeitraum vom 1. September 2008 bis zum 28. Februar 2009 und auf den Weiterbewilligungsantrag der Kläger vom 20. Februar 2009 bewilligte der Beklagte durch Bescheid vom 2. März 2009 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. März 2009 bis zum 31. August 2009.
Durch Bescheid vom 4. Juni 2009 änderte der Beklagte den Bescheid vom 2. März 2009 für die Zeit vom 1. Mai bis zum 31. August 2009 ab und berücksichtigte die bei den Klägern anfallenden Hauslasten in Höhe von 558,97 EUR monatlich; zuvor hatte der Beklagte nur 70,84 EUR monatlich ber...