Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt damit als nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung kein Einkommen dar, auch wenn es als "bereites Mittel" zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwandt werden könnte
Orientierungssatz
1. Als Einkommen i.S.v. § 11 Absatz 1 Satz 1 SGB 2 sind nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert anzusehen, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte hat. Dieser Zuwachs muss dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lässt er seine Hilfebedürftigkeit dauerhaft entfallen. Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt damit als nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung kein Einkommen dar, auch wenn es als "bereites Mittel" zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwandt werden könnte.
2. Entscheidend ist allein, ob ein Darlehensvertrag entsprechend § 488 BGB zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist. Um der Gefahr eines Missbrauchs von Steuermitteln entgegenzuwirken, ist es dabei allerdings geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrages - insbesondere unter Verwandten - strenge Anforderungen zu stellen. Voraussetzung ist, dass sich die Darlehensgewährung auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt.
3. Der Bewilligungsabschnitt ist für die Prüfung des Bestehens einer Rückzahlungsverpflichtung als solcher weder geeigneter "Verteilzeitraum" für einmalige Einnahmen, noch kommt es für die Prüfung von Hilfebedürftigkeit darauf an, ob diese bis zum Ende des bei Antragstellung in Blick genommenen Bewilligungsabschnitts oder darüber hinaus fortbesteht, vgl. BSG, Urteil vom 17. Juni 2010 - B 14 AS 46/09 R.
4. Der für den Hilfebedürftigen günstige Umstand, dass ein nachgewiesener Zufluss gleichwohl als Einkommen nicht zu berücksichtigen ist, betrifft seine Sphäre. Ihm obliegen bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen deshalb Mitwirkungspflichten; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten.
5. Die Behörde hat nach dem Wortlaut des § 44 SGB 1 über einen etwaigen Zinsanspruch des Leistungsempfängers auch ohne besonderen Antrag von Amts wegen zu entscheiden, was der Rechtsnatur der Zinsen als akzessorische Nebenleistung entspricht.
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 10. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2009 wird aufgehoben und der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 02. September 2008 bis zum 31. Oktober 2008 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in gesetzlicher Höhe ohne Anrechnung eines Einkommens in Höhe von 356,67 EUR im September 2008 und in Höhe von 70,00 EUR im Oktober 2008 zu gewähren und die jeweiligen Nachzahlungsbeträge ab dem 01. Januar 2009 mit 4 % zu verzinsen.
Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Gewährung weiterer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 02. September 2008 bis zum 31. Oktober 2008. Er wendet sich gegen die Anrechnung ihm von Dritter Seite zugewandter Zahlungen in Höhe von insgesamt 426,67 EUR als Einkommen.
Der 1971 geborene Kläger betreibt zusammen mit seiner Vermieterin und Geschäftspartnerin, Frau I., die H ... Diese warf bisher keinen nennenswerten Gewinn ab. In der Vergangenheit finanzierte der Kläger seinen Lebensunterhalt - nach eigenen Aussagen - zunächst durch Ersparnisse. Für die Zeit von März bis August 2008 stellte ihm Frau I. - nach eigenen Aussagen darlehensweise - 3.590,00 EUR zur Verfügung.
Am 02. September 2008 stellte der Kläger bei dem Beklagten einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 20. September 2008 und 06. Oktober 2008 bat der Kläger den Beklagten sodann unter Schilderung seiner Notlage um die Ausstellung einer Bescheinigung über die erfolgte Antragstellung zur Vorlage bei der J. und ersuchte den Beklagten um die Gewährung eines Vorschusses.
Auf die Aufforderung des Beklagten, Nachweise über private Kredite von Verwandten und Freunden vorzulegen, reichte der Kläger am 08. Oktober 2008 eine schriftliche Darlehensbetätigung vom 05. Oktober 2008, unterzeichnet von Frau I., ein. Frau I. bestätigt damit, dass sie dem Kläger u. a. folgende Geldbeträge im Sinne eines zinslosen Darlehens überlassen bzw. gestundet hat: Am 01. September 2008 400,00 EUR für den Lebensunterhalt für 09/08 (4 Wochen) sowie 330,00 EUR für die Miete und Nebenkosten für 09/08 und am 01. Oktober 2008 100,00 EUR für den Lebensunterhalt für 10/08 (1 Woche). Rückzahlbar seien die Beträge, sobald das gemeinsam betriebene Unternehmen Profit abwerfe bzw. der...