Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Zuerkennung des Merkzeichens G auch aufgrund innerer bzw. neurologischer Leiden
Orientierungssatz
Dem Schwerbehinderten ist das Merkzeichen G zuzuerkennen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bzw. andere sich auf das Gehvermögen auswirkende Behinderungen bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Liegen neben den orthopädischen Leiden weitere Erkrankungen des internistischen und neurologischen Fachgebietes vor, die mit einem Gesamt-GdB von 50 zu bewerten sind und gleichzeitig die Gehfähigkeit erheblich beeinträchtigen, so ist dem Schwerbehinderten das Merkzeichen G zuzuerkennen.
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 18. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2014 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger auf dessen Antrag vom 4. November 2013 das Merkzeichen "G" zuzuerkennen.
Der Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten dem Grunde nach zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Zuerkennung des Merkzeichens "G" auf den Antrag vom 4. November 2013. Dem 1956 geborenen Kläger hatte der Beklagte zuletzt mit seinem Bescheid vom 6. März 2012 für die Zeit ab dem 24. Januar 2012 einen (Gesamt-) Grad der Behinderung (GdB) von 70 zuerkannt. Gestützt war diese Entscheidung auf die festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen: 1. armbetonte Halbseitenschwäche rechts und Sprachstörungen, Beeinträchtigungen der Gehirnfunktionen, Schwindel nach Schlaganfall Einzel-GdB 60 und 2. Herzleistungsminderung bei koronarer Herzkrankheit mit Infarkt, operativer Behandlung und bei Bluthochdruck Einzel-GbB 20. Nicht auf die Bildung des Gesamt-GdB erhöhend ausgewirkt hatte sich die zusätzliche Funktionsbeeinträchtigung aufgrund einer Magenschleimhautentzündung (Einzel-GdB 10). Außerdem festgestellte Gesundheitsstörungen einer Sehminderung, einer Arthrose im linken Bein sowie eines Diabetes mellitus hatten jeweils keinen Einzel-GdB erreicht. Am 4. November 2013 gingen bei dem Beklagten die Anträge ein, einerseits einen höheren GdB festzustellen, andererseits die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich bei einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (Merkzeichen G) anzuerkennen. Streitgegenständlich ist lediglich noch der das Merkzeichen G betreffende Antrag. Der Beklagte zog medizinische Unterlagen bei und ließ diese durch seinen Ärztlichen Dienst auswerten. Für den Ärztlichen Dienst erklärte Frau M. unter dem 8. Dezember 2013, trotz zusätzlicher Aufnahme einer Funktionsstörung der Halswirbelsäule (Einzel-GdB 10) und einer Beeinträchtigung des linken Sprunggelenkes (kein Einzel-GdB) in die anzuerkennenden Funktionsstörungen könnten die Voraussetzungen für das Merkzeichen G nicht bejaht werden. Die Beeinträchtigung des linken Sprunggelenks stelle sich als Behandlungsleiden dar. Der Beklagte erließ daraufhin den Bescheid vom 18. Dezember 2013, mit dem er den GdB auf weiterhin 70 festsetzte und es ablehnte, das Merkzeichen G zuzuerkennen. Der Kläger wiedersprach und trug vor, der Beklagte habe die Prüfung in den Mittelpunkt stellen müssen, ob ortsübliche Strecken noch in angemessener Zeit zurückgelegt werden könnten. An diesem Vermögen fehle es ihm. Er sei nicht mehr in der Lage, Wegstrecken von zwei Kilometer Länge innerhalb von etwa einer halben Stunde zu bewältigen. Die Folgen des im Februar 2009 erlittenen Schlaganfalls wirkten sich in Kombination mit der Gebrauchsbeeinträchtigung des rechten Sprunggelenks wie eine zum Vergleich heranzuziehende Beeinträchtigung durch hirnorganische Anfälle aus. In Analogie zu der dafür ausdrücklich vorgesehenen "G"-Feststellung sei auch im vorliegenden Fall das begehrte Merkzeichen zuzuerkennen. Der Beklagte zog die weitere Ärztliche Stellungnahme vom 20. April 2014 (N.) bei und wies den Widerspruch durch seinen Widerspruchsbescheid vom 28. April 2014 zurück. Für eine Anerkennung des Merkzeichens G fehle es an einer sich gravierend auf die Gehfähigkeit auswirkenden Funktionsbeeinträchtigung. Abgesehen von fehlenden orthopädischen Diagnosen liege auch kein inneres Leiden mit einer Beeinträchtigung der Herzleistung und einem Einzel-GdB von wenigstens 50 vor, ebenso wenig eine den Einzel-GdB von 50 rechtfertigende Atembehinderung mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion von wenigstens mittlerem Grad. Dagegen richtet sich die am 20. Mai 2014 beim erkennenden Gericht eingegangene Klage. Zu deren Begründung trägt der Kläger ergänzend vor, die Folgen des Schlaganfalls wirkten sich nicht nur wegen der fortgeschrittenen Arthrose des linken Sprunggelenks schwerwiegender aus als von dem Beklagten angenommen, sondern zusätzlich wegen einer Osteochondrose (degenerativer, nicht entzündlicher Prozess des Knorpel-Knochen-Gewebes) der Wirbelsäule. Darüber hinaus seien das Auftreten muskulärer Erschöpfung und Beeinträchtigungen der Atmung in eine Gesamtbeu...