Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersteilzeit. Aufstockungsbeträge. Anrechnung als Erwerbseinkommen auf Witwenrente gemäß § 97 SGB 6. Rechtslage vor 1.1.2002. vergleichbares Einkommen

 

Leitsatz (amtlich)

Bei dem Aufstockungsbetrag gemäß Altersteilzeitgesetz handelt es sich um sogenanntes vergleichbares Einkommen und damit um Erwerbseinkommen iS von §§ 18a Abs 1 Nr 1, Abs 2 S 1 SGB 4. Für die Anrechnung auf eine Hinterbliebenenrente gemäß § 97 SGB 6 bestand auch schon vor dem 1.1.2002 eine ausreichende Rechtsgrundlage (Entgegen BSG vom 17.4.2007 - B 5 RJ 33/05 R = SozR 4-2400 § 18a Nr 1).

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich mit der Klage gegen die Anrechnung der Aufstockungsbeträge nach dem Altersteilzeitgesetz auf ihre Witwenrente.

Die Klägerin, geboren im Jahre 1942, erhält auf Grundlage eines Bescheides vom 8. Juni 2000 nach Tod ihres Ehemannes am 1. Mai 2000 Witwenrente von der Beklagten.

Am 23. Juni 2005 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie ab dem 1. August 2005 Arbeitsentgelte gemäß Altersteilzeitgesetz erhalten werde. Ihr Bruttoverdienst betrage dann 1.147,68 EUR, der Auszahlbetrag 965,16 EUR inklusive des Aufstockungsbetrags in Höhe von 286,74 EUR. Die Klägerin wies darauf hin, dass sie den Aufstockungsbetrag am Jahresende noch versteuern müsse. Sie bat um eine Neuberechnung der Rente.

Nach erfolgter Neuberechnung erließ die Beklagte am 15. August 2005 unter Aufhebung des bisherigen Rentenbescheides einen neuen Bescheid über die gewährte Witwenrente ab 1. August 2005. Ausweislich der Anlage 8 des Rentenbescheides wurde dabei das Erwerbseinkommen aus dem Aufstockungsbetrag in voller Höhe als Einkommen angerechnet. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2008 zurück. Am 17. April 2008 hat die Klägerin Klage erhoben.

Sie trägt vor, zwar seien nach der Neuregelung des § 18a Abs 1 SGB IV ab dem 1. Januar 2002 Aufstockungsbeträge ausdrücklich als anrechenbares Einkommen bei der Witwenrente zu behandeln. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, konkret des Urteils vom 17. April 2007 - B 5 RJ 33/05 R - genieße sie jedoch Bestandsschutz gemäß § 114 SGB IV, da ihr Ehemann bereits vor dem 1. Januar 2002 verstorben sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Aufhebung des Bescheids vom 15. August 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. März 2008 die große Witwenrente ohne Anrechnung des Aufstockungsbetrags ab 1. August 2005 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, dass sie unter Bezugnahme auf das Ergebnis einer Beratung der Arbeitsgruppe Einkommensanrechnung vom 23./24. April 2008 in Berlin dem genannten Urteil des BSG über den dort entschiedenen Einzelfall hinaus nicht folgen wolle. Entgegen der Auffassung des BSG habe auch vor der Neuregelung zum Januar 2002 eine Rechtsgrundlage für die Anrechnung der Aufstockungsbeträge nach Altersteilzeitgesetz bestanden. Dem BSG sei darin zuzustimmen, dass es sich bei dem steuerfreien Aufstockungsbetrag nicht um Arbeitsentgelt handele. Nach Auffassung der Beklagten handele es sich jedoch um vergleichbares Einkommen iS des § 18a Abs 2 S 1 SGB IV. Die Aufnahme des Aufstockungsbetrags in § 18a Abs 1 Nr 2 SGB IV anlässlich der Neuregelung habe nur systematische Gründe gehabt. Mit der Neuregelung zum Januar 2002 sei eine Rechtsänderung bezüglich der Berücksichtigung des Aufstockungsbetrags für die Zeit ab Januar 2002 gerade nicht erfolgt.

Zum Vorbringen der Beteiligten im Übrigen und zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die vorliegende Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, nachdem die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt hatten.

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Die von der Klägerin angegriffene Anrechnung des Aufstockungsbetrags als Einkommen auf die Witwenrente erweist sich als rechtmäßig und beschwert die Klägerin daher nicht, § 54 Abs 2 SGG. Obwohl der Ehemann der Klägerin bereits vor Januar 2002 verstorben ist, kann sie sich nicht iS von Bestandsschutz darauf berufen, dass für die Anrechnung des Aufstockungsbetrags vor Januar 2002 keine Rechtsgrundlage bestanden habe (entgegen Bundessozialgericht, Urteil vom 17. April 2007 - B 5 RJ 33/05 R -).

Die Anrechnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 97 Abs 1 SGB VI iVm §§ 18a Abs 1 Nr 1, 114 Abs 1 Nr 1 SGB IV. Nach Überzeugung der erkennenden Kammer handelt es sich bei den Aufstockungsbeträgen nach den Regeln des Altersteilzeitgesetzes um sogenanntes vergleichbares Einkommen iS des § 18a Abs 2 S 1 SGB IV und damit um Erwerbseinkommen iS von § 114 Abs 1 Nr 1 SGB IV. Im Einzelnen:

Gemäß § 97 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI Einkommen von Berechtigten, das mit einer Witwenrente oder Witwerrente zusammentrifft, hierauf angerechnet.

Gemäß § 18a Abs 1 ...

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