Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Sperrzeit. Arbeitsaufgabe. Aufhebungsvertrag. wichtiger Grund. drohende betriebsbedingte Kündigung. Zeitpunkt. Abgabe einer Erklärung nach § 428 SGB 3. Kumulation. Minderung der Anspruchsdauer. Ruhen bei Entlassungsentschädigung. Verhältnismäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Arbeitnehmer kann sich auf einen - die Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ausschließenden - wichtigen Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag mit Abfindungsregelung nicht berufen, wenn ihm ansonsten eine rechtmäßige Arbeitgeberkündigung aus nicht verhaltensbedingten Gründen erst zu einem späteren Zeitpunkt (hier: sieben Monate später) droht.

2. Wer in zeitlichem Zusammenhang mit Abschluss des Aufhebungsvertrags gegenüber der Bundesagentur für Arbeit eine Erklärung zur Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld unter erleichterten Bedingungen (§ 428 SGB 3) abgegeben hat, kann nicht zugleich geltend machen, den Aufhebungsvertrag vor allem abgeschlossen zu haben, um sein berufliches Fortkommen zu erleichtern.

3. Auch die Kumulation der Rechtsfolgen aus dem Eintritt der Sperrzeit und der damit verbundenen Minderung der Anspruchsdauer einerseits und dem Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen Zahlung einer Abfindung andererseits ist nicht unangemessen (vgl BSG vom 4.9.2001 - B 7 AL 4/01 R = SozR 3-4100 § 119 Nr 22 - zur Vorgängerregelung der §§ 119, 119a, 117a, 110 AFG).

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Verhängung einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 1. Juni 2004 bis 23. August 2004 und die hiermit verbundene Minderung der Anspruchsdauer.

Der am 23. Oktober 1942 geborene Kläger war seit 1. April 1990 bei der H. Unternehmensberatung GmbH in I. als Projektleiter für kommerzielle Anwendungen für den Geschäftsbereich Informationstechnik eingestellt. Sein Beratungsbereich umfasste das Gebiet der Standardsoftware, insbesondere im SAP-Bereich. Im Arbeitsvertrag war vereinbart, dass das Dienstverhältnis mit dem 63. Lebensjahr bzw mit dem vorherigen Bezug von Alters- oder Erwerbsunfähigkeitsrente endet. Die vertragliche Kündigungsfrist betrug sechs Monate zum Quartalsende. Mangels Aufträgen wollte die Arbeitgeberin den SAP-Bereich nicht weiter fortführen und beabsichtigte die betriebsbedingte Kündigung des Klägers innerhalb der Kündigungsfrist bis zum 31. Dezember 2004. Am 6. Mai 2005 schloss die ehemalige Arbeitgeberin des Klägers mit dem Kläger einen Aufhebungsvertrag. Die Vertragsparteien vereinbarten, das Arbeitsverhältnis zum Zwecke der Vermeidung einer Kündigung vorzeitig mit Ablauf des 31. Mai 2004 zu beenden. Zum Ausgleich für die mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes verbundenen Nachteile erhielt der Kläger eine Abfindung in Höhe von 65.000,00 EUR. Dies entsprach bei einem monatlichen Verdienst von zuletzt 5.400,00 EUR zzgl eines 13. Monatsgehalts annähernd dem letzten Jahresverdienst des Klägers (70.090,76 EUR). Ferner wurde vereinbart, dass der Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis erhält. Am 7. Mai 2005 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg). Am 18. Mai 2004 unterschrieb der Kläger eine Erklärung, dass er Alg/Arbeitslosenhilfe unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) beziehen möchte. In dieser Erklärung gab er weiterhin an, dass er Altersrente ohne Rentenminderung frühestens ab 1. November 2007 erhalten könne.

Mit Bescheid vom 26. Mai 2004 verhängte die Beklagte gegenüber dem Kläger eine zwölfwöchige Sperrzeit hinsichtlich des Zeitraums vom 1. Juni 2004 bis 23. August 2004. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger seine Beschäftigung bei der Firma H. Unternehmensberatung GmbH zum 31. Mai 2004 durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags selbst gelöst habe. Dabei sei es unerheblich, ob die Initiative zum Abschluss dieses Aufhebungsvertrags von ihm oder von seiner ehemaligen Arbeitgeberin ausgegangen sei. Entscheidend sei, dass der Aufhebungsvertrag ohne seine Zustimmung nicht zustande gekommen wäre. Er habe voraussehen müssen, dass er durch die Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses arbeitslos werde. Der Vortrag des Klägers, das Geschäftsfeld der SAP-Beratung werde zum 30. Juni 2004 aufgegeben und dadurch entfalle sein Arbeitsplatz, könne bei Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft den Eintritt einer Sperrzeit nicht abwenden. Auch könne die Beklagte anderweitige Anhaltspunkte, dass der Kläger für sein Verhalten einen wichtigen Grund gehabt habe, nicht erkennen. Aufgrund des Eintritts der Sperrzeit mindere sich der Anspruch des Klägers auf Alg um 240 Tage (ein Viertel der Anspruchsdauer). Mit weiterem Bescheid vom 26. Mai 2004 stellte die Beklagte fest, dass der Leistungsanspruch des Klägers wegen der Zahlung einer Entlassungsentschädigung in Höhe von 65.000,00 EUR ohne Einhaltung einer ordentlichen Kündigungsfrist bei der Auflösung d...

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