Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. neue Behandlungsmethode. Behandlung mit dendritischen Zellen/Nivolumab. keine Kostenerstattung durch Krankenkasse

 

Orientierungssatz

1. Die Behandlung mit dendritischen Zellen/Nivolumab ist eine neue Behandlungsmethode, die nicht als Leistung in der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden darf und für die Krankenkassen Kosten nicht zu erstatten haben.

2. Ein Anspruch lässt sich auch nicht auf § 2 Abs 1a SGB 5 stützen.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Kostenerstattung für eine Behandlung mit dendritischen Zellen/Nivolumab.

Die am … 1963 geborene und am 26. Mai 2018 verstorbene Mutter der Kläger war bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Im September 2012 erkrankte sie an einem invasiv duktalen Mammakarzinom links, welches mit brusterhaltener Operation, Chemotherapie und Radiatio behandelt wurde. Im November/Dezember 2016 wurden Lymphknotenmetastasen hochmediastinal paraaortal festgestellt im Sinne eines Rezidivs. Ein PET-CT vom 1. Dezember 2016 zeigte darüber hinaus keine weiteren lokalen oder Fernmetastasen.

Am 7. April 2017 beantragte die Mutter der Kläger die Kostenübernahme einer Dendritentherapie.

Dazu kam der MDK in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 28. April 2017 zu dem Ergebnis, dass die Mutter der Kläger zwar an einer lebensbedrohlichen bzw. regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung leide, vor dem Hintergrund der bestehenden leitliniengerechten, evidenzbasierten Therapiemöglichkeiten könne man nicht von einem fehlenden allgemein anerkannten medizinischen Standard ausgehen. Standardgemäße, vertragliche Therapien stünden zur Verfügung. Darüber hinaus zeige eine durchgeführte Literaturrecherche keine einzig wissenschaftlich publizierte Studie, die einen hinreichenden Anhalt dafür liefern würde, dass die besagte Behandlungsmethode im vorliegenden Fall mit einem voraussichtlich größeren Nutzen als der bestehende allgemein anerkannte medizinische Standard einhergehe und eine „auf Indizien gestützte“, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bei der Mutter der Kläger bestehe.

Mit Bescheid vom 6. Juni 2017 lehnte die Beklagte daraufhin den Kostenübernahmeantrag ab.

Dagegen reichte die Mutter der Kläger Widerspruch ein und begründete diesen damit, der MDK-Gutachter verkenne, dass eine - wie von ihm geforderte - Etablierung im Bereich der Fachgruppe nicht notwendig sei. Des Weiteren sei auch ein Verweis auf fehlende Studien zur Wirksamkeit der Therapie nicht ausreichend, um eine Kostentragungspflicht abzulehnen. Weiter werde verkannt, welche Unterlagen für die Beurteilung der möglichen Wirksamkeit einer neuartigen Methode heranzuziehen seien. In dem Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 22. Februar 2017 - L 5 KR 1623/15 - sei ausgeführt, dass die Anforderungen an das Merkmal der indiziengestützten, nicht ganz fernliegenden Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf im Einzelfall nicht überspannt werden dürften. Vielmehr müsse zur Beurteilung der Wirkweise nach der Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG auf Assoziationsbeobachtungen, pathophysiologischen Überlegungen, deskriptive Darstellungen, Einzelfallberichte, Meinungen anerkannter Experten und Gerichte von Expertenkomitees und Konsensuskonferenzen sowie sogar auf Parallelbeobachtungen im Rahmen von Tierversuchen zurückgegriffen werden. Auch die Empfehlung einer bestimmten Therapie durch den behandelnden Arzt könne ein solches Indiz darstellen.

Derzeit werde am Universitätsklinikum Erlangen eine Studie mit dendritischen Zellen durchgeführt, bei der primäres Ziel sei, ein verlängertes Überleben durch Verhinderung oder Verzögerung der Metastasenbildung zu erreichen. Dabei handele es sich um eine multizentrische, randomisierte, zweiarmige Phase der III. Studie. Die Wirksamkeit der Behandlung zeige sich in kontrollierten klinischen Studien von sogenannten Phase I, II und III-Studien. In den USA sei nach Abschluss einer weiteren klinischen Phase III. Studie am 29. April 2010 die erste dendritische Zellvakzine von der Food and Drug Administration (FDA) als Arzneimittel in den Vereinigten Staaten zugelassen worden. Im Jahre 2011 sei zudem der Nobelpreis in Medizin an den Entdecker der dendritischen Zellen verliehen worden. Der MDK-Gutachter verkenne, dass bei dem Vorliegen von Tumorerkrankungen, in einem wie bei der Klägerin vorliegenden Stadium zwar Studien angeboten würden, diese aber bereits aus ethischen Gründen nicht den sonst üblichen Vorgaben entsprechend durchgeführt würden.

Ferner werde darauf hingewiesen, dass die Kostenerstattungspflicht der GKV für die Therapie mit dendritischen Zellen durch das LSG Baden-Württemberg mit Urteil vom 18. Februar 2014 zur Behandlung von Pankreaskarzinom bejahrt worden sei (L 11 KR 5016/12). Da di...

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