Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungsfreiheit. geschäftsführender Direktor einer monistisch organisierten europäischen Aktiengesellschaft (SE) und gleichzeitig Verwaltungsratsmitglied. Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmungen von § 1 S 3 SGB 6 und § 27 Abs 1 Nr 5 SGB 3 für Mitglieder des Vorstandes einer AG
Leitsatz (amtlich)
Geschäftsführende Direktoren einer monistisch organisierten SE mit Sitz in Deutschland, die gleichzeitig dem Verwaltungsrat angehören, können sich ebenfalls auf § 1 S 3 SGB VI und § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III berufen und sind damit versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Tenor
Es wird unter Aufhebung des Bescheides vom 1. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. August 2015 festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als Verwaltungsratsmitglied und geschäftsführender Direktor bei der Beigeladenen zu 1) nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als Verwaltungsratsmitglied und geschäftsführender Direktor bei der Beigeladenen zu 1) der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung seit dem 17. September 2014 unterliegt.
Der Kläger ist Verwaltungsratsmitglied und geschäftsführender Direktor der Beigeladenen zu 1). Bei der Beigeladenen zu 1) handelt es sich um eine frühere deutsche Aktiengesellschaft (E. AG), die mit Wirkung zum 17. September 2014 in eine Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea, SE) umgewandelt wurde. Die Beigeladene zu 1) wählte bei dieser Umwandlung ein sogenanntes monistisches Leitungssystem. Beim monistischen Verwaltungssystem ist Leitungsorgan der SE der Verwaltungsrat. Vertreten wird die SE durch die geschäftsführenden Direktoren. Der Verwaltungsrat der Beigeladenen zu 1) besteht aus den bisherigen vier Vorständen sowie aus vier ehemaligen Aufsichtsratsmitgliedern der E. AG. Bis zum 17. September 2014 war der Kläger als Vorstand der E. AG von der Sozialversicherungspflicht ausgenommen. Die Mitglieder des Verwaltungsrats erhalten, soweit sie nicht geschäftsführende Direktoren sind, eine monatliche Vergütung in Höhe von 5.000,00 Euro, das heißt 60.000,00 Euro pro Kalenderjahr. Die geschäftsführenden Direktoren und damit auch der Kläger erhalten eine feste Jahresvergütung, die in 12 gleichen Raten ausgezahlt wird.
Auf den Antrag des Klägers auf Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status gemäß § 7a Abs. 1 SGB IV entschied die Beklagt mit Bescheid vom 1. Juni 2015, dass der Kläger seine Tätigkeit als Verwaltungsratsmitglied und geschäftsführender Direktor im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Daher bestehe Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. In der Kranken- und Pflegeversicherung bestehe keine Versicherungspflicht. Die Beklagte führte aus, dass keine Merkmale für eine selbständige Tätigkeit gegeben seien. Die geschäftsführenden Direktoren könnten jederzeit durch Beschluss des Verwaltungsrates abberufen werden. Grundlage der Tätigkeit sei ein Dienstvertrag. Es werde eine feste, erfolgsunabhängige Vergütung gezahlt. In der Tätigkeit bestehe mangels Rechtsmacht auch kein maßgeblicher, bestimmender Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, welchen die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. August 2015 als unbegründet zurückwies. Nach Gesamtwürdigung aller relevanten Tatsachen würden die Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses überwiegen.
Der Kläger hat daraufhin Klage zum Sozialgericht Stuttgart erhoben.
Der Kläger trägt vor, dass es bereits an den Merkmalen für eine nichtselbständige Tätigkeit fehle. Der Kläger sei Mitglied des Verwaltungsrats und geschäftsführender Direktor der Beigeladenen zu 1) und damit weder weisungsabhängig noch in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Unabhängig davon müssten aber jedenfalls die Befreiungsvorschriften für Vorstände einer deutschen Aktiengesellschaft nach § 1 Satz 3 SGB VI bzw. § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III entsprechend Anwendung finden. Eine Sozialversicherungspflicht des Klägers sei europarechtswidrig, da Art. 10 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (nachfolgend: SE-VO) ausdrücklich die Gleichbehandlung von deutschen Aktiengesellschaften und deutschen Europäischen Aktiengesellschaften gebiete.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 1. Juni 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. August 2015 aufzuheben,
2. festzustellen, dass die Tätigkeit des Klägers als Verwaltungsratsmitglied und geschäftsführender Direktor der Beigeladenen zu 1) seit dem 17. September 2014 keine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit darstellt.
D...