Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Höhe. Verfahrensgebühr. Terminsgebühr. Teilanerkenntnis

 

Orientierungssatz

1. Zur Höhe der Rechtsanwaltsvergütung in einem Verfahren auf Feststellung eines Grades der Behinderung von mindestens 50.

2. Auch nach einem angenommenem Teilanerkenntnis entsteht eine Terminsgebühr gem RVG-VV Nr 3106.

3. Erklärt sich der Beklagte zur Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens bereit, sind die Gerichtskosten (hier: Kosten für Gutachten) von diesem Kostenanerkenntnis nicht erfasst.

 

Tenor

In dem Rechtsstreit

werden die von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf

362,95 EUR

(in Worten: Dreihundertzweiundsechzig 95/100 Euro)

festgesetzt.

Festsetzung:

Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG

   200,00 EUR

Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG

   200,00 EUR

Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG

   190,00 EUR

Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

Zwischensumme        

   610,00 EUR

Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG

115,90 EUR

Summe         

   725,90 EUR

davon 1/2         

362,95 EUR

 

Gründe

1. Sachverhalt:

Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage die Feststellung eines Grades der Behinderung in Höhe von mindestens 50.

Der Beklagte gab im Laufe des Verfahrens am 21.09.2011 ein Teilanerkenntnisses ab, welches am 18.10.2011 durch die Klägerin angenommen wurde.

Hiernach übernimmt der Beklagte die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.

Mit Schreiben vom 13.02.2012 legte der Beklagte die Kostennote des Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin vor und beantragte die Kostenfestsetzung, da er mit der Höhe der in Ansatz gebrachten Gebühren und mit der in Ansatz gebrachten Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG nicht einverstanden sei. Nach Ansicht des Beklagten stellt sich das vorliegende Verfahren als ein leicht überdurchschnittliches dar. Die Terminsgebühr falle bei Beendigung des Verfahrens durch ein Teilanerkenntnis nicht an. Zudem seien die in Ansatz gebrachten Gerichtskosten nicht durch das beklagte Land zu tragen.

Im Schriftsatz vom 20.03.2012 legte der Prozessbevollmächtigte dar, warum seiner Ansicht nach die in Ansatz gebrachten Gebühren gerechtfertigt seien. Nach seiner Auffassung seien die Bedeutung der Angelegenheit, die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit und das Haftungsrisiko als überdurchschnittlich zu bewerten. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei sogar weit überdurchschnittlich gewesen. Die Vermögensverhältnisse der Klägerin seien durchschnittlich.

Zudem stehe dem Rechtsanwalt ein Ermessensspielraum von 20 - 30 Prozent zu.

Ebenso seien die Gerichtskosten anteilsmäßig zu erstatten.

Im Schreiben vom 16.04.2012 erwiderte der Beklagte, dass die Darlegungen des Prozessbevollmächtigten nichts an der vom Beklagten vertretenen Rechtsauffassung ändern würden. Hinsichtlich des Ermessensspielraums gehe er davon aus, dass hiermit der im Rahmen der Rechtsprechung vom BSG definierte 20 %-ige Toleranzrahmen gemeint sei. Dieser greife jedoch in den Fällen gar nicht, in denen es sich um einen durchschnittlichen Fall handelte, der die fest definierte Mittelgebühr auslöse.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der oben angegebenen Schriftsätze Bezug genommen.

Streitig ist somit das Vorliegen der Tatbestandvoraussetzungen für das Entstehen einer fiktiven Terminsgebühr, die Höhe der in Ansatz gebrachten Gebühren sowie die in Rechnung gestellten Gerichtskosten.

1. Gebührenhöhe:

Anzuwenden sind die Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG).

Die Klägerin gehört zu dem in § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genannten Personenkreis. Demzufolge sind die Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) nicht anzuwenden (§ 197 a Abs. 1 SGG). In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG nicht anzuwenden ist, entstehen Betragsrahmengebühren (§ 3 Abs. 1 RVG).

Gemäß § 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftragsgebers nach billigem Ermessen. Darüber hinaus ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 RVG das Haftungsrisiko des Rechtsanwaltes zu berücksichtigen.

Die getroffene Bestimmung ist einem Dritten nur dann nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). Ist die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung unbillig, so ist die Gebühr vom Gericht entsprechend der Billigkeit festzusetzen.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin reichte zunächst eine Klageschrift ein, welche später ausführlich begründet wurde. Es wurden darüber hinaus mehrere, zum Teil ausführliche, Stellungnahmen zu Gutachten und Befundberichten abgegeben.

In Bezug auf die Verfahrensgebühr liegt der betriebene Arbeitsaufwand damit über dem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit in vergleichbaren sozialgerichtlichen Verfahren. Dieser...

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