Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung: Entschädigungsanspruch nach Arbeitsunfall. Voraussetzung der Anerkennung eines nach der Behandlung der Unfallfolgen aufgetretenen weiteren Gesundheitsschadens als Unfallfolge
Orientierungssatz
Eine nach Behandlung der gesundheitlichen Folgen eines Arbeitsunfalls neu aufgetretene Gesundheitsstörung kann nur dann als weitere gesundheitliche Folge eines Arbeitsunfalls anerkannt werden, wenn sie mindestens mit ausreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall selbst oder die dabei aufgetretenen Gesundheitserstschäden zurückgeführt werden kann. Ein solcher Zusammenhang ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn schon nicht sicher feststellbar ist, ob ein bestimmtes Krankheitsbild überhaupt vorliegt (hier: abgelehnt für einen Morbus Sudeck als Heilentgleisung einer Armfraktur).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung weiterer Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls. Insbesondere streiten die Beteiligten darüber, ob bei dem Kläger eine Heilentgleisung im Sinne eines Morbus Sudeck eingetreten ist.
Der 1952 geborene Kläger erlitt am 10.08.2009 einen Arbeitsunfall, als er mit einer Leiter umkippte und sich hierbei u. a. eine Steißbeinfraktur sowie eine Ellenbogenprellung links und einen unverschobenen Bruch der linken Speiche zuzog, die konservativ behandelt wurde. Zwar nahm der Kläger nach Abschluss der Heilbehandlung und Belastungserprobung seine Tätigkeit als Heizungsinstallateur am 16.11.2009 wieder auf, unterbrach aber nach seinen Angaben in den folgenden Monaten die Arbeitstätigkeit mehrfach aufgrund von Schmerzen im linken Arm durch Urlaub, Ausgleich früher geleisteter Überstunden, Feiertage sowie Krankschreibungen.
Am 03.11.2010 begab sich der Kläger wegen ausstrahlender Schmerzen und eines Taubheitsgefühls im linken Arm erneut in die Behandlung des Durchgangsarztes Dr. C., Chefarzt der Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie am Kreiskrankenhaus Weilburg, der eine Untersuchung bei Prof. Dr. D., Chefarzt der Neurologischen Klinik Weilmünster, veranlasste. Arbeitsunfähigkeit wurde dem Kläger, wie der Verletztengeldabrechnung der AOK Hessen vom 07.02.2011 zu entnehmen ist, ab 28.10.2010 bescheinigt. Nach dem Bericht von Prof. Dr. D. vom 08.11.2010 kam als Ursache der Schmerzsymptomatik eine cervikogene Ursache oder ein Morbus Sudeck in Betracht. Vom 11. bis 19.11.2010 erfolgte eine stationäre Behandlung in der vitos-Klinik für Neurologie Weilmünster, wo u. a. eine 3-Phasen-Skelettszintigraphie einen Befund ergab, der gut vereinbar sei mit einem Morbus Sudeck, was zur Angabe der Diagnosen „Sympathische Reflexdystrophie im Stadium III links nach distaler Radiusfraktur 08/2009, Bandscheibenprotrusion HWK 6/7“ führte. Nach einer Vorstellung des Klägers in der Schmerzsprechstunde der BG-Unfallklinik Frankfurt am Main am 07.01.2011 vertraten die Dres. E. und F. die Ansicht, vom klinischen Befund her zeige der Kläger keinen Hinweis auf einen Morbus Sudeck, die Skelettszintigraphie vom 17.11.2010 sei als Untersuchung unspezifisch. In Übersteinstimmung mit dem Unfallchirurgen Oberarzt Dr. G. handele es sich bei der Beschwerdesymptomatik höchstwahrscheinlich um eine Folge der Bandscheibenprotrusion an der Halswirbelsäule.
Daraufhin teilte die Beklagte dem den Kläger behandelnden Arzt Dr. C. mit Schreiben vom 16.03.2011 mit, das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren werde abgebrochen, weil die Vorstellung in der BG-Unfallklinik Frankfurt am Main ergeben habe, dass die derzeitige Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit nicht mit dem Unfall vom 10.08.2009 in Zusammenhang stehe. Diese Entscheidung wurde dem Kläger ebenfalls unter dem Datum des 16.03.2011 bekannt gegeben. Hiergegen legte der Kläger mit einem bei der Beklagten am 22.03.2011 eingegangenen Schreiben Widerspruch ein.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte die Beklagte zunächst ein handchirurgisches Gutachten bei Prof. Dr. H., Zentrum für Chirurgie des Universitätsklinikums Gießen und Marburg, ein. In diesem Gutachten vom 29.04.2011 kamen Prof. Dr. H. und der Oberarzt Dr. J. auf der Grundlage der Diagnosekriterien des CRPS (Complex regional pain syndrome) gemäß Konsensus 2003 in Budapest wegen der Angabe bewegungseinschränkender Schmerzen, der Angabe einer Schwellung der linken Hand und Schweißzunahme zu der Beurteilung, dass bei dem Kläger ein CRPS Typ 1 (Morbus Sudeck) vorliege, und schlugen einschlägige Therapiemaßnahmen vor.
Dr. K. äußerte als Beratungsarzt der Beklagten in seiner Stellungnahme vom 15.06.2011 Zweifel an der gestellten Diagnose, weil die o. g. Diagnoserichtlinien auch einen anamnestischen Teil beinhalteten und ein Teil der im Gutachten bejahten Diagnosekriterien (Temperaturasymmetrien oder Asymmetrie der Hautfarbe und Ödeme oder Asymmetrien des lokalen Schwitzens) bis zur Untersuchung für dieses Gutachten noch nicht dokumentiert seien un...