Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankengeldspitzbetrag bei geringerem Übergangsgeldbezug

 

Orientierungssatz

Während des Bezugs von Übergangsgeld ruht der Anspruch auf Krankengeld nur in der Höhe des Bezugs von Übergangsgeld, sodass sich ein Anspruch auf den Krankengeldspitzbetrag ergibt, wenn das Übergangsgeld geringer ist als das Krankengeld. Dem steht die Regelung des § 49 Abs 3 SGB 5, wonach aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gesenkte Entgelt- oder Entgeltersatzleistungen bei der Anwendung des Absatz 1 nicht aufgestockt werden dürfen, nicht entgegen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 12.03.2013; Aktenzeichen B 1 KR 17/12 R)

 

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 22.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2009 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Zeit vom 18.01.2007 bis 15.02.2007 den Krankenspitzbetrag in Höhe von 89,61 Euro zu bezahlen.

III. Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten zu erstatten.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

V. Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt den so genannten Krankengeldspitzbetrag während seines Aufenthalts in einer medizinischen Rehabilitationseinrichtung auf Kosten des Rentenversicherungsträgers in der Zeit vom 18. Januar 2007 bis 15. Februar 2007.

1.

Der Kläger war zuletzt als Verwaltungsangestellter bei der U. W. beschäftigt, unterlag der Sozialversicherungspflicht und ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Ab November 2005 war er arbeitsunfähig und bezog bis zum Beginn einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme, die ihm mit Bescheid vom 20. November 2006 vom Rentenversicherungsträger bewilligte wurde, Krankengeld in Höhe von netto 33,81 Euro täglich. Der Kläger unterzog sich sodann vom 18. Januar 2007 bis 15. Februar 2007 der stationären Reha-Maßnahme, während der er vom Rentenversicherungsträger Übergangsgeld in Höhe von 30,72 Euro bezog. Im Anschluss an die Reha-Maßnahme, aus der er ausweislich des Reha-Entlassungsberichts vom 8. Februar 2007 arbeitsunfähig entlassen wurde, war der Kläger weiterhin arbeitsunfähig und bezog bis 28. Mai 2007 Krankengeld von der Beklagten. Obwohl die Parteien übereinstimmend auch während der Reha-Maßnahme vom Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit ausgingen und ausgehen, wurde Krankengeld für die Zeit vom 18. Januar 2007 bis 15. Februar 2007 nicht, auch nicht zum Teil, ausbezahlt.

2.

Mit am 14. August 2008 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben ließ der Kläger die Zahlung eines Krankengeldspitzbetrages beantragen. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22. August 2008 ab. Während des Bezugs von Übergangsgeld ruhe der Anspruch auf Krankengeld nach § 49 Abs. 3 SGB V in voller Höhe, auch wenn das Krankengeld höher sei. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2009 zurückgewiesen.

3.

Dagegen hat der Kläger am 3. Februar 2009 unter Verweis auf entsprechende Entscheidungen des Sozialgerichts Würzburg Klage erhoben. Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt zuletzt,

den Bescheid der Beklagten vom 22. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Zeit vom 18. Januar 2007 bis 15. Februar 2007 den Krankengeldspitzbetrag in Höhe von 89,61 Euro zu bezahlen.

4.

Die Beklagte beantragt unter Verweis auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid,

die Klage abzuweisen und die Sprungrevision zuzulassen.

Übergangsgeld und Krankengeld hätten Entgeltersatzfunktion. Die Zahlung eines Krankengeldspitzbetrages sei daher nicht nachvollziehbar und sei auch vom Gesetzgeber nicht gewollt.

5.

In der mündlichen Verhandlung waren sich die Beteiligten einig, dass auch während der Reha-Maßnahme Arbeitsunfähigkeit bestanden hat.

6.

Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die vorgelegte Beklagtenakte, die Gerichtsakt sowie die Sitzungsniederschrift verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 22. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weil er für die Zeit vom 18. Januar 2007 bis 15. Februar 2007 Anspruch auf den so genannten Krankengeldspitzbetrag in Höhe von 89,61 Euro hat.

1.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Allerdings ruht der Anspruch auf Krankengeld nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V, soweit und solange Versicherte Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld oder Kurzarbeitergeld beziehen. Demgegenüber sieht § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V ein Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld vor, solange Versicherte Mutterschaftsgeld oder Arbeitslosengeld beziehen oder der Anspruch wegen einer Sperrzeit nach dem Dritten Buch ruht. Nach §...

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