Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Frage der Mithaftung der Ehefrau für die Pachtzinsschulden ihres Ehemannes. Er hatte im Dezember 1991 einen Pachtvertrag über die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen. Hieraus ergab sich eine Verpflichtung i.H.v. 660.000,00 DM.
Die Ehefrau hatte sich in einer notariellen Urkunde gegenüber dem Gläubiger der Mithaftung unterworfen.
Sie begehrte im Wege der Vollstreckungsgegenklage, die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde für unzulässig zu erklären.
Erstinstanzlich war sie mit ihrer Klage nicht erfolgreich. Die hiergegen von ihr eingelegte Berufung hingegen hatte Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Zwangsvollstreckung gegen die Ehefrau aus der notariellen Urkunde für unzulässig.
Für die Frage der Sittenwidrigkeit der von ihr übernommenen Mithaftung für die Pachtschulden des Ehemannes komme es auf ihre Eigentums- und Vermögensverhältnisse im Dezember 1991 an. Dabei sei auf die fest vereinbarte Pachtdauer von fünf Jahren ab Dezember 1991 abzustellen. Dieser Verpflichtung der Klägerin i.H.v. 660.000,00 DM seien ihre Vermögensverhältnisse im Dezember 1991 gegenüberzustellen.
Im maßgeblichen Jahr 1991 habe die Klägerin kaum pfändbares Einkommen gehabt. Nach der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Tabelle zu § 850c ZPO wäre bei einem Nettoverdienst von monatlich etwa 1.922,00 DM ohne Unterhaltspflichten ein Betrag von 816,20 DM pfändbar gewesen und das bei einer von ihr mit übernommenen Pachtschuld von monatlich 11.000,00 DM auf mindestens fünf Jahre. Selbst im günstigsten Fall hätte die Klägerin damit nicht einmal 10 % der monatlichen Pachtschuld aus dem pfändbaren Einkommen aufbringen können.
Ein eigenes persönliches oder wirtschaftliches Interesse der Klägerin am Abschluss des Pachtvertrages als angemessener Ausgleich zu ihrer festgestellten krassen finanziellen Überforderung lasse sich nach dem ergänzenden Parteivortrag und der persönlichen Anhörung der Parteien nicht feststellen. Schwierig sei die Feststellung, dass dem Beklagten die nach § 138 Abs. 1 BGB erforderliche verwerfliche Gesinnung vorzuwerfen sei, da diese auch bei der hier vorliegenden finanziellen auffälligen Überforderung der Klägerin regelmäßig nicht vermutet werden könne.
Erforderlich sei nach der Rechtsprechung des BGH eine tatrichterliche Würdigung, ob die finanzielle Überforderung für den Beklagten erkennbar gewesen sei und er in anstößiger Weise die emotionale Bindung der Klägerin an ihren Ehemann ausgenutzt habe.
Die erforderliche Würdigung der gesamten Umstände führe zu der Feststellung, dass dem Beklagten die finanzielle Forderung erkennbar war und er die emotionale Bindung der Klägerin an ihren Ehemann in anstößiger Weise zur Errichtung der Mithaftung für die Pachtschulden ausgenutzt habe. Dies reiche aus, um die Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB festzustellen.
Link zur Entscheidung
OLG Celle, Urteil vom 05.07.2005, 16 U 1/05