Leitsatz
Grundvoraussetzung jeder Adoption ist das Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses. Das OLG München hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, welche Qualität diese Beziehung haben muss, um den Anforderungen für eine Kindesannahme zu genügen.
Sachverhalt
Der Anzunehmende (Beteiligter zu 1) ist der 36-jährige Neffe der Annehmenden (Beteiligte zu 2). Die Beteiligte zu 3 ist die Ehefrau des Anzunehmenden, die ihre Einwilligung zur beantragten Adoption erteilt hatte. Der Beteiligte zu 1 fühlte sich aufgrund seiner Neigung zur Landwirtschaft besonders zu seiner Tante hingezogen. Seine Erziehung erfolgte jedoch im Wesentlichen im Elternhaus. Die begehrte Volljährigenadoption wurde sowohl vom AG als auch vom LG mit der Begründung abgelehnt, es fehle an der sittlichen Rechtfertigung der Adoption, die vorrangig der Steuerersparnis dienen solle. Dies hat das LG insbesondere mit den divergierenden Angaben der bereits wegen Steuerhinterziehung verurteilten Beteiligten zu 2 zu ihren Vermögensverhältnissen begründet. Während sie zunächst angab, im Falle ihres Todes werde nicht allzu viel übrig bleiben, wurde von ihr in der zweiten Anhörung eingeräumt, Barvermögen von 60.000,00 EUR sowie mehrere unbelastete Grundstücke zu besitzen.
Gegen die ablehnende Entscheidung des LG richtete sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2. Das Rechtsmittel hatte in der Sache keinen Erfolg.
Entscheidung
Die bereits vom LG vorgenommene rechtliche Würdigung wurde vom OLG bestätigt. Zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 bestehe ein vorbildliches Tante-Neffen-Verhältnis und zwischen den Beteiligten zu 1 und seinen leiblichen Eltern ein gutes Eltern-Kind-Verhältnis. Zu dem bäuerlichen Anwesen der Beteiligten zu 2 und deren Bruder habe sich der Beteiligte zu 1 durch seine besondere Neigung zur Landwirtschaft hingezogen gefühlt. Letztendlich beständen aufgrund der Gesamtumstände jedoch erhebliche Zweifel, ob zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 tatsächlich ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden bzw. ein solches zu erwarten sei. Es fehle an einer sittlichen Rechtfertigung für die Adoption. Die Steuerersparnis sei nicht bloß erlaubter Nebenerfolg, sondern Hauptzweck der beantragten Adoption.
Das LG habe erkannt, dass die Anforderungen, die an das Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses zu stellen seien, naturgemäß im Rahmen der Erwachsenenadoption nicht dieselben sein könnten wie bei einer Minderjährigenadoption. Das Eltern-Kind-Verhältnis unter Erwachsenen werde wesentlich durch eine auf Dauer angelegte Bereitschaft zu gegenseitigem Beistand geprägt, wie ihn sich leibliche Eltern und Kinder typischerweise leisten. Es sei nicht zu beanstanden, dass das LG angesichts der von ihm aufgezählten Umstände erhebliche Zweifel habe, dass zwischen den Antragstellern tatsächlich ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden bzw. zu erwarten sei.
Die Beteiligte zu 2 verkenne mit ihrer weiteren Beschwerde, dass eine Adoption nur dann ausgesprochen werden könne, wenn das Gericht von seiner sittlichen Rechtfertigung überzeugt sei. Das LG habe sich mit den Angaben der Beteiligten auseinandergesetzt und anerkannt, dass zwischen den Antragstellern bereits seit langem ein besonders enges Verhältnis bestehe. Es habe sich aufgrund der Gesamtumstände jedoch nicht von der sittlichen Rechtfertigung der Adoption überzeugen können.
Das Rechtsbeschwerdeverfahren könne damit keinen Erfolg haben.
Link zur Entscheidung
OLG München, Beschluss vom 19.12.2008, 31 Wx 49/08