Rz. 36
Die Anrechnung von Schenkungen,[86] einer Verbindlichkeit, die der Erbe dem Erblasser schuldet (Art. 57 ErbG), oder eines Vermächtnisses auf den gesetzlichen Erbteil erfolgt nur auf Verlangen eines Miterben (Art. 58 ErbG). Übliche kleinere Geschenke unterliegen ebenso wenig der Anrechnung (Art. 55 ErbG) wie die Kosten für den Unterhalt und die Pflichtschulausbildung des Erben (Art. 54 Abs. 1 ErbG).[87] Auf den Erbteil des Repräsentanten werden die Geschenke an denjenigen, den er repräsentiert, nur angerechnet, wenn diese Person vorverstorben ist oder die Erbschaft ausgeschlagen hat, nicht jedoch in anderen Fällen, z.B. Enterbung (Art. 56 ErbG). Schlägt ein Erbe die Erbschaft aus, so kann er zwar sein Geschenk behalten und die Erfüllung eines Vermächtnisses fordern, jedoch nur bis zur Höhe des verfügbaren Teils (siehe Rdn 43), Art. 50 ErbG.
Rz. 37
Die Anrechnung einer Schenkung[88] oder eines Vermächtnisses[89] unterbleibt, wenn dies dem Erblasserwillen[90] entspricht (Art. 46 Abs. 3, Art. 47 ErbG).[91] Sind jedoch Pflichterben vorhanden, so kann der Erbe – zu dessen Gunsten der Erblasser eine Anrechnung ausgeschlossen hat – das Geschenk oder Vermächtnis nur bis zur Höhe des verfügbaren Teils (siehe Rdn 43) behalten oder fordern (Art. 49 Abs. 2 ErbG).
Rz. 38
Die Anrechnung von Geschenken und Vermächtnissen erfolgt, indem die anderen Erben vorab einen – dem Geschenk oder Vermächtnis – entsprechenden Wert aus dem Nachlass erhalten (Idealkollation).[92] Bei unzureichendem Nachlass ist der anrechnungspflichtige Erbe jedoch nicht verpflichtet, sein Geschenk zurückzugeben (Art. 48 Abs. 1, 2 ErbG).[93] Eine Anrechnung auf den Erbteil des Beschenkten unterbleibt, wenn er das Geschenk "in den Nachlass" zurückgibt (Realkollation).[94] Bzgl. der Aufwendungen oder eines Schadens am Geschenk gilt er bis zum Beweis des Gegenteils als redlicher Besitzer (Art. 51 Abs. 1, 2 ErbG).[95]
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