Leitsatz

Sonderumlage als eilbedürftiger "Not-Wirtschaftsplan" muss bei schwieriger Beurteilung der Kostenverteilung (hier: Deckensanierung unter einem zulässigen Ausbau eines Dachraums) noch nicht die endgültige Kostenverteilung ausweisen, die grundsätzlich erst in der nachfolgenden Jahresabrechnung zu erfolgen hat

 

Normenkette

§ 28 WEG

 

Kommentar

  1. Bestehen Kostenschulden des Verbands aufgrund bestimmter, vertraglich begründeter Einzelsanierungsmaßnahmen, stellt dies einen sachlichen Grund für eine Sonderumlage dar, um rasch für entsprechende Liquidität zu sorgen; es kommt dann nicht mehr darauf an, ob es sich bei der Auftragsmaßnahme selbst um einen Akt ordnungsgemäßer Verwaltung handelt. Vorliegend musste eine Deckensanierung im Obergeschoss durchgeführt werden (Einbau einer neuen Stahlbetondecke), und zwar unabhängig von zulässigen Ausbaumaßnahmen eines Eigentümers hinsichtlich darüberliegender Dachgeschossräume.
  2. Grundsätzlich müssen beschlossene Sonderumlagen auch den zutreffenden Verteilungsschlüssel angeben. Ist allerdings die Sach- oder Rechtslage im Einzelfall korrekter Kostenverteilung nicht eindeutig, können bei vorläufiger Bewertung im Rahmen einer Sonderumlagebeschlussfassung grundsätzlich verschiedene Verteilungsschlüssel in Betracht kommen; es entspricht dann regelmäßig ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn sich die Mehrheit bei einer solchen Sonderumlagebeschlussfassung für einen der in Betracht kommenden Schlüssel entscheidet; die endgültige Kostenverteilung nach rechtlicher Klärung hat dann durch die Jahresabrechnung zu erfolgen. Vorliegend war die Gemeinschaft aufgrund im Außenverhältnis wirksamer Auftragsvergabe verpflichtet, die gesamten Kosten für die Deckenarbeiten zu bezahlen, und zwar unabhängig davon, ob die Auftragsvergabe im Innenverhältnis pflichtwidrig war oder nicht bzw. die Auftragsdurchführung fehlerhaft oder korrekt erfolgte. Zunächst einmal mussten die Ausgaben durch Sonderumlage finanziert werden. Es ist eine andere Frage, ob hier bestimmte Kosten im Wege des Schadensersatzes von dritter Seite zurückgeholt werden können; dies ist allerdings nicht im Rahmen der Anfechtung eines Sonderumlagebeschlusses endgültig zu klären.

    Überdies gelangte im vorliegenden Fall ein Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis, dass die Deckensanierung unabhängig vom Dachausbau erforderlich gewesen sei. Eine Zuordnung der Kosten zur Deckensanierung einerseits und zum Dachgeschossausbau andererseits wurde auch dadurch erschwert, dass die Arbeiten in Umsetzung der Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung zunächst gemeinschaftlich durchgeführt wurden.

  3. Mit der Sonderumlagebeschlussfassung wurde auch eine Darlehensaufnahme zur (Zwischen-)Finanzierung der Instandsetzungsmaßnahmen vermieden, die ohnehin im Regelfall nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Eine Sonderumlage ist auch lediglich eine Prognoseentscheidung. Auch konnte hier nicht abgewartet werden, bis alle strittigen Verteilungsfragen geklärt und Unklarheiten beseitigt seien. Der Fall ist auch vergleichbar dem eines namentlich vom OLG Hamm (ZMR 2009 S. 58) bestätigten Notwirtschaftsplans, wonach ein neu bestellter Verwalter aufgrund nicht vom Vorverwalter herausgegebener notwendiger Unterlagen für weitere Beitragsvorschüsse zunächst einen vertretbaren Verteilungsschlüssel zugrunde legte bzw. zugrunde legen musste.
 

Link zur Entscheidung

LG München I, Beschluss v. 17.5.2010, 1 T 13364/09

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