Leitsatz

Bei der Sozialauswahl kann die Bewertung in einer Auswahlrichtlinie nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden, wenn in einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung nach § 95 BetrVG oder einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt ist, wie die sozialen Gesichtspunkte nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG im Verhältnis zueinander zu bewerten sind.

 

Sachverhalt

Dies setzt zumindest voraus, dass in der Auswahlrichtlinie die gesetzlichen Kriterien, also die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers überhaupt in einer Weise berücksichtigt sind, dass die bei entsprechenden Unterschieden das Ergebnis der Sozialauswahl entscheidend beeinflussen können.

Eine Auswahlrichtlinie, die einen der sozialen Gesichtspunkte, die bei allen betroffenen Arbeitnehmern zu berücksichtigen sind, also Alter und Betriebszugehörigkeit, völlig aus der Bewertung ausnimmt, überschreitet den durch § 1 Abs. 4 KSchG festgelegten Regelungsspielraum der Tarifpartner bzw. Betriebsparteien. Gleiches muss gelten für eine Auswahlrichtlinie, die zwar von ihrem Wortlaut her für die vier gesetzlichen Sozialkriterien eine entsprechende Punktzahl festlegt, diese aber so bemisst, dass das Alter oder die Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers nur noch in extremen Ausnahmefällen gegenüber den anderen Sozialkriterien eine entscheidende Rolle spielen können. Eine solche Auswahlrichtlinie ist deshalb nicht geeignet, den Arbeitgeber durch die Anwendung des eingeschränkten Prüfungsmaßstabs der groben Fehlerhaftigkeit zu privilegieren.

 

Link zur Entscheidung

BAG, Urteil v. 18.10.2006, 2 AZR 473/05.

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