Alexander Steinmetz, Rocío García Alcázar
Rz. 141
Neben der Erbeinsetzung hat der Erblasser die Möglichkeit, einem anderen per Testament einzelne Gegenstände "zu vermachen" (Vermächtnis, Art. 660, 881 CC). Auf diese Weise erhält der Vermächtnisnehmer einen bestimmten Vermögensvorteil (Geldbetrag, Wertgegenstand oder auch Erlass einer Schuld). Anders als der kraft Gesetzes oder aufgrund Testaments Berufene rückt der Vermächtnisnehmer nicht zugleich in die Erbenstellung ein, haftet mithin nicht für Nachlassschulden. Der Erbe soll hingegen – solange er nicht die Haftung auf den Nachlass beschränkt hat – auch mit seinem persönlichen Vermögen für die Erfüllung des Nachlasses einstehen müssen. Der Vermächtnisnehmer erlangt zwar das Eigentum an einem durch den Erblasser bestimmten, ihm gehörenden Gegenstand bereits eo ipso mit dem Erbfall (Art. 882 CC), so dass sich der vermachte Gegenstand erst gar nicht im Vermögen des Erben befindet. Der Erwerb des Vermächtnisses setzt zudem keine Annahme desselben voraus. Die Eintragung des Vermächtnisnehmers eines entsprechenden Vindikationslegats in das deutsche Grundbuch wird nach Eintreten des Erbfalls somit mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des EuGH auch ohne Einhaltung der Voraussetzungen der §§ 873, 925 BGB nicht zu versagen sein, denn der Vermächtnisnehmer ist mit dem Tod des Erblassers ipso iure Eigentümer geworden, denn nach Art. 23 Abs. 2 lit. b) EuErbVO beurteilen sich auch die rechtlichen Wirkungen, die ein Vermächtnis zeitigt, nach dem Erbstatut. Entsprechendes ergibt sich aus Art. 23 Abs. 2 lit. e) EuErbVO. Der Vermächtnisnehmer kann sein Recht durch das ENZ nachweisen. Dass der Vermächtnisnehmer hierdurch die Grundbucheintragung in Deutschland ggf. einfacher und ohne Mitwirkung der Erben erreichen kann als nach spanischem Grundbuchrecht (Art. 81 RH, siehe Rdn 143), bedeutet einen gewissen Wertungswiderspruch, ist aber mit Rücksicht auf Art. 1 Abs. 2 lit. l) EuErbVO grundsätzlich hinzunehmen. Allerdings bleibt der Vermächtnisnehmer für die Inbesitznahme der Sache nach spanischem Erbstatut auf die Mitwirkung der Erben angewiesen. Doch darf der Vermächtnisnehmer die vermachte Sache nicht eigenmächtig in Besitz nehmen, denn die Erben sollen zunächst Gelegenheit erhalten sicherzustellen, dass alle Verbindlichkeiten und Noterbrechte bedient werden können. Der Vermächtnisnehmer setzt sein Vindikationslegat durch einen als aus seinem Eigentum fließenden dinglichen Anspruch gegenüber dem/den Erben oder dem Testamentsvollstrecker durch (Art. 885 CC).
Rz. 142
Anders verhält es sich aber bei Vermächtnissen, nach denen dem Begünstigten nur der Art nach bestimmbare Güter oder Sachen zustehen (legado de cosa genérica): Hier wird der Vermächtnisnehmer – wie bei dem nur schuldrechtliche Wirkungen zeitigenden Vermächtnis nach deutschem Erbrecht – erst Eigentümer, sobald der rechtsgeschäftliche Erwerb unter Lebenden zwischen Erben/Testamentsvollstrecker einerseits und Vermächtnisnehmer andererseits stattgefunden hat. Ein deutschem Erbrecht unterliegendes Vermächtnis eines bestimmten, in Spanien befindlichen Gegenstands führt nicht zum Direkterwerb durch den Vermächtnisnehmer. Vielmehr erwirbt der Vermächtnisnehmer einer deutschem Erbrecht unterliegenden Erbschaft das Eigentum an einer spanischen Immobilie erst durch Übergabe. Der Umstand, dass Vermächtnisgegenstand bspw. eine konkrete spanische Immobilie ist, wandelt das Vermächtnis nicht in ein – dem deutschen Erbrecht fremdes – Vindikationslegat um.
Rz. 143
Dem Grundsatz nach ist für die Grundbuchumschreibung auf den Vermächtnisnehmer nach spanischem Grundbuchrecht die Errichtung einer notariellen Urkunde unter Beteiligung der Erben und der Noterbberechtigten erforderlich. Der Vermächtnisnehmer kann sich allerdings dann ohne Mitwirkung der Erben durch Errichtung einer notariell beurkundeten Vermächtniserfüllungsurkunde in das Grundbuch eintragen lassen, wenn es keine Noterbberechtigten gibt und der Erblasser den Vermächtnisnehmer ausdrücklich testamentarisch ermächtigt hat, den Vermächtnisgegenstand selbst in Besitz zu nehmen (Art. 81 lit. a) RH; reglamento hipotecario).
Rz. 144
Unter welchen Voraussetzungen die Anordnung eines Vermächtnisses wirksam oder unwirksam ist, in welcher Reihenfolge Vermächtnisse zu erfüllen sind, wenn der Nachlass nicht ausreicht (Art. 887 CC), was bei einem Wahlvermächtnis (Art. 874 CC), was bei einem Vermächtnis einer Ausbildung gilt (Art. 879 CC), ist Inhalt der zahlreichen Einzelregelungen der Art. 858–891 CC. Hervorzuheben ist die Möglichkeit, das Vermächtnis mit Auflagen (mandas) zu belasten (Art. 858 CC).
Rz. 145
Im Falle zweier Vermächtnisse zugunsten einer Person, von denen eines beschwert ist, kann der Vermächtnisnehmer nicht allein das unbeschwerte annehmen und das beschwerte ausschlagen (Art. 890 CC). Ebenso wenig kann er ein nur teilweise belastendes Vermächtnis nur mit dem unbelasteten Teil annehmen, im Übrigen ausschlagen (Art. 889 CC).
Rz. 146
Die Regelung über di...