Rz. 141

Neben der Erbeinsetzung hat der Erblasser die Möglichkeit, einem anderen per Testament einzelne Gegenstände "zu vermachen" (Vermächtnis, Art. 660, 881 CC). Auf diese Weise erhält der Vermächtnisnehmer einen bestimmten Vermögensvorteil (Geldbetrag, Wertgegenstand oder auch Erlass einer Schuld).[174] Anders als der kraft Gesetzes oder aufgrund Testaments Berufene rückt der Vermächtnisnehmer nicht zugleich in die Erbenstellung ein, haftet mithin nicht für Nachlassschulden. Er erlangt zwar das Eigentum an einem bestimmten, dem Erblasser gehörenden Gegenstand bereits eo ipso mit dem Erbfall (Art. 882 CC), so dass sich der vermachte Gegenstand erst gar nicht im Vermögen des Erben befindet.[175] Der Erwerb des Vermächtnisses setzt zudem keine Annahme desselben voraus.[176] Doch darf der Vermächtnisnehmer die vermachte Sache nicht eigenmächtig in Besitz nehmen. Der Vermächtnisnehmer setzt sein Vindikationslegat durch einen als aus seinem Eigentum fließenden dinglichen Anspruch gegenüber dem/den Erben oder dem Testamentsvollstrecker durch (Art. 885 CC).

 

Rz. 142

Dem Grundsatz nach ist für die Grundbuchumschreibung auf den Vermächtnisnehmer die Errichtung einer notariellen Urkunde unter Beteiligung der Erben erforderlich. Der Vermächtnisnehmer kann sich allerdings dann ohne Mitwirkung der Erben durch Errichtung einer notariell beurkundeten Vermächtniserfüllungsurkunde in das Grundbuch eintragen lassen, wenn es keine Noterbberechtigten gibt und der Erblasser den Vermächtnisnehmer ausdrücklich testamentarisch ermächtigt hat, den Vermächtnisgegenstand selbst in Besitz zu nehmen (Art. 81 lit. a) CC; reglamento hipotecario).

 

Rz. 143

Unter welchen Voraussetzungen die Anordnung eines Vermächtnisses wirksam oder unwirksam ist, in welcher Reihenfolge Vermächtnisse zu erfüllen sind, wenn der Nachlass nicht ausreicht (Art. 887 CC), was bei einem Wahlvermächtnis (Art. 874 CC), was bei einem Vermächtnis einer Ausbildung gilt (Art. 879 CC), ist Inhalt der zahlreichen Einzelregelungen der Art. 858–891 CC. Hervorzuheben ist die Möglichkeit, das Vermächtnis mit Auflagen (mandas) zu belasten (Art. 858 CC).

 

Rz. 144

Im Falle zweier Vermächtnisse zugunsten einer Person, von denen eines beschwert ist, kann der Vermächtnisnehmer nicht allein das unbeschwerte annehmen und das beschwerte ausschlagen (Art. 890 CC). Ebenso wenig kann er ein nur teilweise belastendes Vermächtnis nur mit dem unbelasteten Teil annehmen, im Übrigen ausschlagen (Art. 889 CC).

 

Rz. 145

Die Regelung über die Bestellung von Ersatzerben (Art. 774 ff. CC) gilt gem. Art. 789 CC auch für die Bestellung von Ersatzvermächtnisnehmern.

[174] Vgl. statt vieler Palandt/Weidlich, 78. Aufl. 2019, § 1939 BGB Rn 3.
[175] DGRN v. 28.2.2019 (BOE Pág. 30783).
[176] SAP Baleares v. 07.03.2019, rec. 529/2018.

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