Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob allein der Anschein einer gerichtlichen Entscheidung für die Statthaftigkeit eines hiergegen eingelegten Rechtsmittels ausreicht.
Sachverhalt
Das betroffene Kind wurde im Februar 1994 geboren. Mit Antrag vom 28.9.2009 begehrte der Vater die Genehmigung zur Unterbringung seines Sohnes in einer geschlossenen Einrichtung. Nach Einholung eines ärztlichen Attests und einer persönlichen Anhörung des Vaters und des Kindes wurde am 19.10.2009 die Ausfertigung eines im Wege einstweiliger Anordnung erlassenen Unterbringungsbeschlusses nebst Bestellung eines Verfahrensbeistandes an das Kind, den Vater, das Jugendamt und den Verfahrensbeistand - jedoch nicht an die Mutter - zugestellt. Ein Beschluss befand sich lediglich als Entwurf in der Gerichtsakte. Dieser war von der Richterin nicht unterschrieben. Mit einem am 2.11.2009 beim AG eingegangenen Schreiben legte das Kind Beschwerde ein. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens wurde der Mutter und dem Verfahrensbeistand rechtliches Gehör gewährt.
Das Rechtsmittel erwies sich als zulässig und begründet und führte zur Beseitigung des äußeren Anscheins einer tatsächlich und rechtlich nicht existenten Entscheidung des AG vom 19.10.2009.
Entscheidung
Das OLG führte in seiner Begründung aus, für die Statthaftigkeit eines Rechtsmittels genüge zum einen der Anschein einer gerichtlichen Entscheidung (vgl. BVerfG, NJW 1985, 788). Zum anderen ergebe sich die Statthaftigkeit der Beschwerde gegen einstweilige Anordnungen in den Kindschaftssachen der §§ 151 Nr. 6 und 7 FamFG aus § 167 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 331 i.V.m. § 58 Abs. 1 FamFG.
Etwas anderes folge auch nicht aus § 57 FamFG.
Im Übrigen ergebe sich die Anfechtbarkeit der einstweiligen Anordnung in Unterbringungsverfahren betreffend Minderjährige auch aus einer historischen Auslegung. Den Gesetzesmaterialien sei nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber an der Anfechtbarkeit dieser einstweiligen Anordnungen, die sich aus §§ 70m Abs. 1 i.V.m. 70g Abs. 3 S. 1 FGG a.F. ergeben hätten, etwas habe ändern wollen. Die Problematik sei durch die nahezu unveränderte Übernahme von § 620c ZPO a.F. in § 57 FamFG schlichtweg übersehen worden.
Die Beschwerde sei schon deswegen begründet, weil ein wirksamer Beschluss nicht vorliege und der Mangel im Rahmen des Abhilfeverfahrens ohnehin nicht geheilt werden könne. Nach § 38 Abs. 3 S. 2 FamFG sei der gerichtliche Beschluss zu unterschreiben. Fehle die Unterschrift, handele es sich nur um einen Entwurf, dem trotz schriftlicher Bekanntgabe nur die Qualität einer Scheinentscheidung zukomme, weil es der auf die Setzung eines Rechtsaktes gerichteten Willensäußerung des Richters fehle.
Vor diesem Hintergrund diene das Rechtsmittel alleine der Beseitigung des äußeren Anscheins, der durch die fehlerhaft erteilte Ausfertigung erweckt worden sei (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 1999,452).
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26.11.2009, 1 UF 307/09