Sachverhalt
Bei dem Verfahren ging es um die mehrwertsteuerliche Behandlung von separaten Zahlungsbearbeitungsentgelten eines Mobilfunkanbieters. Bei einigen Zahlungsverfahren - etwa bei der Nutzung einer Kreditkarte oder eines Schecks, nicht hingegen bei Überweisung oder Lastschrift - war hierfür neben dem jeweiligen Rechnungsbetrag für die Mobilfunkleistung ein zusätzliches Entgelt zu leisten. Im Ausgangsverfahren war im Wesentlichen umstritten, ob es sich dabei um ein Entgelt für eine gesonderte und steuerfreie Leistung im Zahlungs- und Überweisungsverkehr gemäß Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der 6. EG-Richtlinie (ab 1.1.2007: Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL) Richtlinie handelt.
Entscheidung
Der EuGH hat - ohne Schlussanträge - entschieden, dass das Zahlungsbearbeitungsentgelt kein Entgelt für eine eigenständige Leistung darstellt. Nach den bekannten Rechtsprechungsgrundsätzen für die Abgrenzung von Haupt- und Nebenleistung ist die Zahlungsbearbeitung vielmehr als unselbständige Nebenleistung zur Mobilfunkdienstleistung zu sehen. Der Anwendungsbereich der Steuerbefreiung für Leistungen im Zahlungs- und Überweisungsverkehr spielte in dem Verfahren darauf hin keine Rolle mehr.
Das Zahlungsbearbeitungsentgelt ist Teil der Gegenleistung für eine einheitliche Telekommunikationsdienstleistung. Selbst wenn eine separate Zahlungsverkehrsleistung des Mobilfunkanbieters anzunehmen ist, handelt es sich dabei um eine bloße Nebenleistung. Insbesondere ist eine Leistung als Nebenleistung einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Um festzustellen, ob der leistende Unternehmer dem Kunden - verstanden als Durchschnittsverbraucher - mehrere eigenständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, sind die charakteristischen Bestandteile des fraglichen Umsatzes zu ermitteln und sämtliche Umstände zu berücksichtigen, unter denen er abgewickelt wird. Im Ausgangsverfahren war die wesentliche Leistung ein Mobilfunkdienst ist. Die Tätigkeit, die der Unternehmer im Rahmen dieser Leistung ausübt, insbesondere die Bereitstellung einer Infrastruktur für die Kunden, die es diesen ermöglicht, die Rechnungen nicht nur im Lastschriftverfahren oder durch Überweisung, sondern auch per Kreditkarte, per Scheck oder in bar zu bezahlen, stellt für die Kunden keinen eigenen Zweck dar. An der Dienstleistung, die den Kunden damit erbracht worden sein soll und die sie nicht unabhängig von der Nutzung des Mobilfunkdienstes in Anspruch nehmen können, haben die Kunden nach der EuGH-Entscheidung kein gesondertes Interesse. Sie bietet ihnen lediglich die Möglichkeit, die Mobilfunkrechnungen in der Weise zu bezahlen, die ihnen am bequemsten erscheint, und ermöglicht es dem leistenden Unternehmer , den Absatz seiner Mobilfunkleistung zu fördern.
Hinweis
Die Sichtweise des EuGH zur Behandlung separater Zahlungsbearbeitungsentgelte als Gegenleistung für eine unselbständige Hauptleistung, die deren Schicksal teilt, stimmt mit der deutschen Sichtweise und Rechtspraxis überein. So ist z.B. die unentgeltliche Abgabe von Hardwarekomponenten im Zusammenhang mit dem Abschluss eines längerfristigen Netzbenutzungsvertrags eine unselbständige Nebenleistung zu der (einheitlichen) Telekommunikationsdienstleistung oder der auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistung; bei der Entrichtung einer Zuzahlung ist diese regelmäßig Entgelt für die Lieferung des Wirtschaftsguts (vgl. A 3.10 Abs. 6 Nr. 6 UStAE). Aus dem Urteil folgt, dass Zahlungszuschläge in Abhängigkeit von der Art der Zahlung des Entgelts grundsätzlich zu Nebenleistungen zu der Hauptleistung führen. Dies ist insbesondere von Bedeutung bei Zuschlägen für die Benutzung von Kreditkarten, wenn sie vom leistenden Unternehmer erhoben werden.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 02.12.2010, C-276/09