Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Kein Stimmrechtsausschluss schon beim Vorliegen einer Interessenkollision
Kellerraum grundsätzlich nicht als Musikzimmer (mit dort aufgestellter Orgel) nutzbar
Vereinbarte Grundpfandrechtsgläubiger-Zustimmung bei beschlussweiser Änderung der Teilungserklärung
Normenkette
§ 10 WEG, § 15 WEG, § 25 Abs. 5 WEG
Kommentar
1. Kann nach Gemeinschaftsordnung die Nutzungsänderung eines zum Sondereigentum gehörenden Raums (hier: Keller) mit (qualifizierter) Mehrheit (von 3/4 der Eigentümer) beschlossen werden, so ist der nutzungsänderungswillige Eigentümer grundsätzlich nicht von dieser Beschlussfassung i.S.d. § 25 Abs. 5 WEGausgeschlossen.
§ 25 Abs. 5 WEG betrifft nach Wortlaut drei Varianten eines Stimmrechtsausschlusses. Eine Beschlussfassung über eine Nutzungsänderung eines Kellers betrifft weder ein Rechtsgeschäft mit dem betreffenden Eigentümer noch dient sie der Erledigung eines Rechtstreits gegen ihn. Aus dieser gesetzlichen Bestimmung folgt kein allgemeines Stimmverbot beim Vorliegen einer Interessenkollision; ein Eigentümer ist daher auch dann stimmberechtigt, wenn er zwar erhebliche private Sonderinteressen bei der Beschlussfassung hat, aber ein Fall des § 25 Abs. 5 WEG nicht vorliegt (vgl. Bärmann/Merle, WEG 7. Aufl., Rn. 137 und Augustin, WEG Rn. 12, jeweils zu § 25).
2. Ist ein Sondereigentumsraum in der Teilungserklärung als "Keller"oder "Kellerabteil"zweckbestimmt, hat eine solche Bezeichnung Vereinbarungscharakter. Ein solcher Raum darf nur im Rahmen dieser Zweckbestimmung oder in einer Weise genutzt werden, die nicht mehr stört und beeinträchtigt als eine übliche Kellernutzung (h.M.). Die Nutzung eines Kellers als Musikzimmer ist von der vereinbarten Zweckbestimmung nicht gedeckt. Deren Änderung stellt sich als eine Änderung der Teilungserklärung dar, die grundsätzlich nur durch Vereinbarung, im vorliegenden Fall gem. getroffener Regelung in der Gemeinschaftsordnung durch (qualifizierten) Mehrheitsbeschluss vorgenommen werden kann.
3. Weiterhin war allerdings hier in der Gemeinschaftsordnung insoweit auch geregelt, dass die Änderung zusätzlich der Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger bedürfe. Aufgrund des Fehlens dieser Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger war der an sich mit entsprechend qualifizierter Mehrheit gefasste Beschluss unwirksam.
Die vorliegend vereinbarte Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger kann im Beschlussanfechtungsverfahren noch bis zum Schluss der letzten Tatsacheninstanz beigebracht werden. Hier erst im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgelegte Zustimmungserklärungen und Löschungsbewilligungen von Grundpfandrechtsgläubigern konnten deshalb nicht mehr berücksichtigt werden, so dass dem Eigentümerbeschluss über die Änderung der Teilungserklärung eine vereinbarte Voraussetzung seiner Wirksamkeit fehlte.
4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert dieser Instanz von DM 10.000,-.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 22.05.1997, 2Z BR 15/97= ZMR 3/1998, 173)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Zu § 25 Abs. 5 WEG (Stimmrechtsausschluss) wird vereinzelt auch die Auffassung vertreten, dass diese Bestimmung über den gesetzlichen Wortlaut hinaus (extensiv) erweiternd analog auch auf andere Fälle eines Interessenkonfliktes anwendbar sei. Auch eine Nutzungsänderungsgestattung zugunsten eines Eigentümers könnte m.E. bei anzunehmender weiter Auslegung des § 25 Abs. 5 WEG als "Rechtsgeschäft" der Gemeinschaft mit dem änderungswilligen Eigentümer angesehen werden, geht man vom Inhalt einer solchen Gestattungs-Beschlussregelung aus.