Leitsatz
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war die Frage, ob eine zur Abfindung aller Ansprüche in einem Prozessvergleich vereinbarte Abfindung sich auf den Gegenstandswert des hierüber zuvor geführten Rechtsstreits auswirkt.
Sachverhalt
Gegenstand des Rechtsstreits waren Ansprüche des Klägers aus einer Unfallversicherung. Mit seiner Klage hatte er für seine Tochter eine lebenslange Rente i.H.v. monatlich 1.000,00 EUR geltend gemacht, wobei er rückständige Leistungen i.H.v. 36.000,00 EUR und im Übrigen die Feststellung begehrte, die Beklagte sei auch künftig verpflichtet, die Rente zu entrichten. Darüber hinaus machte der Kläger Ersatz für vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 1.419,19 EUR geltend.
Der Rechtsstreit wurde durch Vergleich beendet. In diesem Vergleich hat sich die Beklagte zur Abfindung aller Ansprüche aus der streitgegenständlichen Versicherung für die Tochter des Klägers verpflichtet, an ihn 120.000,00 EUR zu zahlen.
Das LG hat den Streitwert auf 78.000,00 EUR festgesetzt.
Hiergegen hat der Beklagtenvertreter Beschwerde eingelegt und die Auffassung vertreten, der Wert des Vergleichs sei höher und betrage 274.884,00 EUR. Mit dem Vergleich sei die gesamte Rente auf der Basis eines kapitalisierten Wertes i.H.v. 238.884,00 EUR abgefunden worden. Addiere man hierzu den Zahlungsanspruch i.H.v. 36.000,00 EUR, ergebe sich der zutreffende Wert des Vergleichs.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Auch beim OLG war das Rechtsmittel nicht erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG folgte der Auffassung des LG, dessen Entscheidung richtig sei. Der Vergleich habe keinen Mehrwert.
Ein Mehrwert ergebe sich nicht daraus, dass durch den Vergleich andere Ansprüche erledigt worden wären, die nicht Gegenstand des Rechtsstreits gewesen seien. Der für die Wertfestsetzung maßgebende Gegenstand des Rechtsstreits sei hier deckungsgleich mit dem durch den Vergleich erledigten Gegenstand. Werde ein Anspruch auf Rentenzahlung mit einer Klage auf künftige Leistung gemäß § 258 ZPO verfolgt, sei Gegenstand des Rechtsstreits nicht nur das Stammrecht, sondern alle daraus künftig erwachsenden Forderungsrechte, ungeachtet dessen, dass sie zum Zeitpunkt der Klage noch nicht fällig seien. Nichts anderes gelte, wenn eine solche künftige Leistungspflicht - wie hier - nicht tituliert, sondern festgestellt werden solle. Auch dann seien alle im Laufe der Zeit entstehenden Ansprüche bereits jetzt zu dem Rechtsverhältnis zu rechnen, dessen Feststellung begehrt werde.
Abgesehen von der bereits fälligen Rente und den für die Streitwertbemessung unbeachtlichen Nebenforderungen seien in dem Vergleich auch nur diese Ansprüche erledigt worden.
Für die Wertbestimmung sei nicht maßgebend, dass die Parteien die Ansprüche durch Vereinbarung einer Abfindung erledigt hätten. Der Wert eines Vergleichs richte sich nicht danach, worauf sich die Parteien geeinigt hätten, sondern worüber der Vergleich geschlossen worden sei (OLG Düsseldorf NJW-RR 2008, 1697 m.w.N.; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl.; Nr. 1000 VV Rz. 331).
Es sei also insbesondere nicht entscheidend, welchen Wert die Forderungen hätten, die durch den Vergleich begründet worden seien. Maßgebend sei vielmehr, wie die Rechte zu bewerten seien, die durch den Vergleich dem Streit entzogen wurden.
Folglich komme es bei einem Abfindungsvergleich nicht auf den Abfindungsbetrag, sondern auf den Wert der abgefundenen Ansprüche an (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl.; Nr. 1000 VV Rz. 334).
Link zur Entscheidung
OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.08.2009, 7 W 48/09