Rüdiger Fritsch, Dr. Olaf Riecke
Fraglich war, ob Kompetenzen nicht teilweise (also im jeweiligen Einzelfall) auf den Verwalter und/oder den Verwaltungsbeirat beschlussweise übertragen werden können. Problematisch war dabei aufgrund der vorrangigen Regelungskompetenz der Gemeinschaft, dass der Verwalter in der Gefahr schwebte, mangels wirksamen Beschlusses (z. B. nach erfolgreicher Anfechtung) als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt zu haben. Hier ist gemäß § 27 Abs. 2 WEG jetzt durch einfachen Mehrheitsbeschluss eine Delegation weiterer Rechte und Pflichten auf den Verwalter im Innenverhältnis – allerdings nur im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung – möglich. Besteht danach eine Handlungspflicht des Verwalters, so muss er agieren. In schwierigen, nicht eiligen Fällen kann er auch eine Eigentümerversammlung einberufen, um das Votum der Eigentümer einzuholen und deren Beschluss dann zu vollziehen. Auch an ordnungswidrige – nicht aber nichtige –, seine Kompetenz einschränkende oder erweiternde Beschlüsse ist der Verwalter gebunden.
Durchführungsbeschluss vor Angebotseinholung
Paradebeispiel hierfür ist der Fall, dass für eine Instandsetzungsmaßnahme im Zeitpunkt der Versammlung (noch) nicht 3 Vergleichsangebote vorliegen, die Maßnahme aber zur Vermeidung der Abhaltung einer weiteren Eigentümerversammlung und der damit eintretenden zeitlichen Verzögerung gleichwohl beschlossen werden soll. So wird in der Verwaltungspraxis oftmals beschlossen, dass die Maßnahme durchgeführt werden soll, der Verwalter aber noch weitere Angebote einholen möge und nach deren Vorliegen (ggf. im Einvernehmen mit dem Beirat) den Auftrag alsdann an den "geeignetsten" Anbieter vergeben dürfe. Ein weiter Ermessensspielraum für den Verwalter im Rahmen der Delegation ist kein Problem fehlender Bestimmtheit. Wird das Ermessen auf den Verwalter verlagert, ist das gerade der bestimmte Inhalt des Beschlusses.
Der Übertragung von Entscheidungskompetenzen auf den Verwalter setzte indes die Rechtsprechung enge Grenzen. Ein Beschluss, wie eben beispielhaft dargestellt, ist als rechtswidrig anzusehen, da die Gemeinschaft ihre Kernkompetenz zur Entscheidung über das "Ob und Wie" einer Erhaltungsmaßnahme zu weitgehend delegiert. Ganz abgesehen von der Frage, ob das Merkmal der Geeignetheit nicht schon inhaltlich zu unbestimmt ist, fehlen konkrete Vorgaben, die das dem Verwalter (oder dem Beirat) eingeräumte Entscheidungsermessen begrenzen.
Im Hinblick auf eine Erhaltungsmaßnahme wird eine Delegation regelmäßig jedenfalls dann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn die Wohnungseigentümer selbst die grundlegende Entscheidung über deren Vornahme getroffen haben und der Verwalter nur über die Ausführung im Einzelnen entscheiden soll.
Absenkungsbeschluss
Besser ist es – wenn die Tatsachengrundlagen in der Eigentümerversammlung noch unvollständig sind –, von der seit 1.12.2020 gegebenen Möglichkeit eines Absenkungsbeschlusses Gebrauch zu machen. Eine Abweichung von der Einstimmigkeitsregel ist zwar möglich, muss aber vorab ausdrücklich beschlossen werden. Hierbei handelt es sich um einen bloßen Mehrheitsbeschluss im Umlaufverfahren, wobei die Wohnungseigentümer in einer Versammlung mehrheitlich oder "schriftlich" allstimmig nach § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG zuvor beschließen müssen, dass ein Beschluss zu einem konkreten Gegenstand mehrheitlich in Textform bzw. schriftlich gefasst werden darf/kann. Umstritten ist, ob ein solcher Beschluss angekündigt werden muss und ob er isoliert anfechtbar ist. Soweit die beschlossenen Sanierungsmaßnahmen nicht durch den Absenkungsbeschluss gedeckt sind, müssen dem Beschluss gem. § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG sämtliche Wohnungseigentümer zustimmen.
Einholung von Angeboten
Grundsätzlich sind vor Beschlüssen über Erhaltungsmaßnahmen mindestens drei Vergleichsangebote einzuholen, um den Eigentümern eine ausreichenden Tatsachengrundlage zu liefern. Sind aber in der Region keine Anbieter zu finden, muss nicht vom Verwalter versucht werden, ortsferne Unternehmen zur Abgabe von Angeboten zu veranlassen. Ein Beschluss kann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn zwar die Vorlage weiterer Angebote unterblieben ist, der Grund hierfür aber nachweislich darin liegt, dass trotz ausreichender Anfragen keine weiteren Angebote abgegeben wurden. Gegen das apodiktische Erfordernis von mindestens drei Vergleichsangeboten spricht schon, dass die Wohnungseigentümer – auch nach Einholung der Vergleichsangebote – nicht verpflichtet sind, das billigste oder günstige Angebot – wie man es bei einer Ausschreibung kennt –, anzunehmen und zu realisieren.
Verwaltervertrag
Der auch denkbaren Übertragung von Entscheidungskompetenzen durch generelle Regelungen (etwa im Verwaltervertrag und/oder durch Mehrheitsbeschluss) sind im Interesse des Schutzes der überstimmten Minderheit ebenso enge Grenzen gesetzt. Der Verwaltervertrag ist insbesondere nicht der richtige Ort, um Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer zu ordnen. Dagegen kan...