Kai-Thorsten Röller, Carolin Babel
§ 1 Abs. 2a GrEStG in seiner jetzigen Fassung fingiert einen Grundstücksübergang auf eine neue Personengesellschaft, wenn sich der Gesellschafterbestand dergestalt geändert hat, dass innerhalb von fünf Jahren unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen. Wenn aus deutscher Sicht durch den Brexit nicht mehr die britische Gesellschaft, sondern deren Alleingesellschafter nunmehr mit 95 % an der grundbesitzenden Personengesellschaft unmittelbar beteiligt ist, hat insoweit ein derartiger steuerbarer Gesellschafterwechsel stattgefunden. Da die Limited bis zum Brexit als Kapitalgesellschaft auch nach deutscher Sichtweise zu qualifizieren war, ist dieser Gesellschafterwechsel vorbehaltlich der Steuerbefreiungen in Höhe der Beteiligung voll grunderwerbsteuerpflichtig, weil nach Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. gleichlautende Erlasse vom 12.11.2018 zur Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG Tz. 5.2.3.1., BStBl I 2018, 1314) der Alleingesellschafter der Limited, der vorher lediglich mittelbar über die Kapitalgesellschaft/Limited an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt gewesen ist, nicht als Altgesellschafter gilt. In § 1 Abs. 2a GrEStG (insbesondere Sätze 3 bis 5) ist nicht definiert, wer auf den mittelbaren Beteiligungsstufen (hier in Bezug auf den Alleingesellschafter der Limited) neuer und wer alter Gesellschafter ist. Daher findet im vorliegenden Fall nach Auffassung der Finanzverwaltung ein unmittelbarer Gesellschafterwechsel statt.
Für den Fall, dass ein grunderwerbsteuerbarer Erwerb vorliegt, sollte § 4 Nr. 6 GrEStG Anwendung finden. Zwar könnte fraglich sein, ob der Gesetzgeber mit Einführung des § 4 Nr. 6 GrEStG lediglich die sog. Haupttatbestände des § 1 Abs. 1 GrEStG, bei denen es um Grundstückserwerbe geht, erfassen wollte. Dies ist jedoch nach unserer Auffassung nicht der Fall. So wird in § 4 Nr. 1–5 GrEStG ausdrücklich der Erwerb oder der Übergang von Grundstücken befreit, während in § 4 Nr. 6 GrEStG nur von "Erwerben" gesprochen wird. Dies sollte darauf hinweisen, dass der Gesetzgeber sämtliche Erwerbe, die auf dem Austritt des VK beruhen, von der Besteuerung ausnehmen wollte. Auch gesetzessystematisch lässt sich argumentieren, dass die anderen Steuervergünstigungen, z. B. nach den §§ 3, 5, 6 und 6a GrEStG, alle auch grundsätzlich anwendbar sind, wenn es um den Erwerb von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften geht.
Praxishinweis
Die grundbesitzende Personengesellschaft hat den Vorgang nach § 19 GrEStG anzuzeigen.