Für Reiseleistungen sieht das gemeinsame Mehrwertsteuersystem eine Sonderregelung vor (vgl. Art. 306 ff. MwStSystRL). Diese ist in Deutschland in § 25 UStG umgesetzt. Entsprechend der Sonderregelung gelten sogenannte Reiseleistungen als Umsätze eigener Art. Es handelt sich umsatzsteuerrechtlich stets um sonstige Leistungen, deren Leistungsort nach § 3a Abs. 1 UStG zu bestimmen ist. Dies bedeutet, dass die Besteuerung stets am Ort der Niederlassung des Reiseunternehmers zu erfolgen hat.
Beispiele
Ein deutscher Unternehmer ohne ausländische Niederlassung erbringt eine Reiseleistung an einen Kunden im VK. Der umsatzsteuerliche Leistungsort befindet sich in Deutschland.
Ein deutscher Unternehmer hat seine Hauptniederlassung in Deutschland und eine weitere Niederlassung in Österreich. Die österreichische Niederlassung erbringt eine Reiseleistung an einen Kunden im VK. Der umsatzsteuerliche Leistungsort befindet sich in Österreich.
Nach der Rechtsprechung des EuGH liegen Reiseleistungen insbesondere dann vor, wenn ein Unternehmen verschiedene Reisevorleistungen von anderen Leistungsträgern einkauft und diese im Wege eines Leistungspakets an seinen Kunden weiterverkauft (vgl. EuGH vom 12.11.1992, C-163/91, "Van Ginkel").
Beispiel
Ein deutscher Reiseveranstalter bietet seinen Kunden einen Pauschalurlaub auf der Insel Mallorca an. Die Kunden erhalten von ihm Flüge von und nach Mallorca, lokale Hotelunterbringungen, Verpflegung vor Ort und Transfers vom und zum Flughafen sowohl auf Mallorca als auch in Deutschland. Der Veranstalter kauft diese Leistungen u. a. bei einer deutschen Fluggesellschaft, bei einem deutschen Bahnunternehmen, bei einem spanischen Omnibusbetreiber und bei einer spanischen Hotelkette ein. Der Vorgang fällt unter die Sonderregelung für Reiseleistungen.
Allerdings hat der EuGH bereits entschieden, dass Reiseleistungen bereits dann vorliegen können, wenn ein Unternehmen auch nur eine typische Reiseleistung einkauft und weiterverkauft (vgl. EuGH vom 19.12.2018, C-552/17, "Alpenchalet Resorts").
Beispiel
Ein deutsches Unternehmen bietet seinen Kunden die Möglichkeit, über eine Online-Plattform Unterkünfte in Ferienwohnungen weltweit zu buchen. Dabei kauft das Unternehmen jeweils vom Ferienwohnungsvermieter die Unterbringungsleistung an und verkauft sie an den Kunden weiter. Der Vorgang fällt unter die Sonderregelung für Reiseleistungen.
Keine Reiseleistung i. S. d. Vorschrift ist anzunehmen, soweit ein Unternehmen Leistungen mit eigenen Mitteln erbringt. Auch dies hat der EuGH bereits so entschieden (vgl. EuGH vom 25.10.2012, C-557/11, "Kozak", ebenso EuGH vom 01.03.2012, C-220/11, "Star Coaches").
Beispiel
Ein Unternehmen verfügt über eigene Reisebusse und bietet mit diesen Bus-Gruppenreisen an. Es handelt sich nicht um eine Reiseleistung i. S. d. § 25 UStG.
Ebenfalls keine Reiseleistung liegt dem EuGH zufolge vor, wenn ein Unternehmen lediglich Vorleistungen einkauft und verkauft, die inhaltlich keine typischen Reiseleistungen sind (vgl. EuGH vom 09.12.2010, C-31/10, "Minerva Kulturreisen").
Beispiel
Ein Unternehmen kauft Opernkarten ein und verkauft diese an seine Kunden weiter.
Eine wesentliche Rechtsfolge der Anwendung der Sonderregelung für Reiseleistungen besteht im Verlust des Vorsteuerabzugs aus Eingangsleistungen. Der Unternehmer, der eine Reiseleistung i. S. d. § 25 UStG erbringt, hat keinen Vorsteuerabzug aus den für die Leistung bezogenen Vorleistungen (vgl. § 25 Abs. 4 UStG).
Allerdings schuldet er Umsatzsteuer aufgrund der Sonderregelung nicht auf das vom Kunden verlangte Nettoentgelt, sondern lediglich auf die Marge zwischen seinem Verkaufspreis für die Reiseleistung und der Summe der Einkaufspreise der Reisevorleistungen. Diese Marge ist als Bruttobetrag anzusehen, sodass die Umsatzsteuer im Wege der Herausrechnung ermittelt wird.
Beispiel
Ein deutscher Reiseveranstalter bietet seinen Kunden einen Pauschalurlaub auf der Insel Mallorca an. Er kauft folgende Leistungen ein: internationale Flüge (500 EUR, umsatzsteuerfrei), Hotelunterbringung in Spanien mit Halbpension (600 EUR + 60 EUR spanischer Mehrwertsteuer), Transfer in Deutschland (100 EUR + 7 EUR deutsche Mehrwertsteuer), Transfer in Spanien (50 EUR + 5 EUR spanische Mehrwertsteuer). Der Reisende zahlt für das entsprechende Paket 1.400 EUR brutto.
Der Reiseveranstalter schuldet deutsche Umsatzsteuer, die sich wie folgt berechnet: Bruttopreis 1.400 EUR minus 1.322 EUR Bruttopreis der Vorleistungen ergibt Bruttomarge 78 EUR. Daraus ist mit 19/119 die Umsatzsteuer herauszurechnen. Sie beträgt 12,45 EUR.
Wenn ein Reiseveranstalter mit Sitz im VK eine Reiseleistung an einen deutschen Kunden ausführt, befindet sich dementsprechend der umsatzsteuerliche Leistungsort im VK und die Marge der Reiseleistung ist der britischen Umsatzsteuer zu unterwerfen. Führt ein deutscher Reiseveranstalter eine Reiseleistung an einen britischen Kunden aus, liegt der umsatzsteuerl...