Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Zu unterscheiden ist die Form der Einlegung von der Form der Begründung der Rechtsbeschwerde. |
2. |
Nach § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 341 Abs. 1 muss die Einlegung der Rechtsbeschwerde bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, innerhalb einer Woche schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle vorgenommen werden. |
3. |
Die Form der Begründung der Rechtsbeschwerde ist in § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 345 Abs. 2 geregelt. |
Rdn 1111
Literaturhinweise:
Schwachheim, Abschied vom Telefax im gerichtlichen Verfahren?, NJW 1999, 621
s.a. die Hinw. bei → Rechtsbeschwerde, Allgemeines, Teil A Rdn 1045, und → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Allgemeines, Teil A Rdn 1292.
Rdn 1112
1. Zu unterscheiden ist die Form der Einlegung (Teil A Rdn 1113 ff.) von der Form der Begründung der Rechtsbeschwerde (Teil A Rdn 1120 ff.):
Rdn 1113
2.a) Nach § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 341 Abs. 1 muss die Einlegung der Rechtsbeschwerde bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, innerhalb einer Woche (→ Rechtsbeschwerde, Frist, Teil A Rdn 1124) schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle vorgenommen werden. Die für eine wirksame Einlegung des Rechtsmittels notwendige Form kann grds. nur durch Anbringung beim Ausgangsgericht gewahrt werden, nicht durch eine solche bei einem anderen AG oder dem Rechtsbeschwerdegericht (BayObLG, Beschl. v. 12.3.1999 – 1 St RR 38/99; OLG Bamberg, Beschl. v. 7.10.2009 – 3 Ss 74/09). Eine Ausnahme hiervon gilt nur beim inhaftierten Betroffenen: Dieser kann gemäß § 46 OWiG Abs. 1 i.V.m. § 299 Abs. 1 und 2 seine Rechtsbeschwerde auch zu Protokoll des AG einlegen, in dessen Bezirk die JVA liegt. Hierbei ist jedoch der zeitliche und organisatorische Aufwand zu beachten, denn der inhaftierte Rechtsmittelführer kann sich nicht darauf verlassen, dass ihm zu jeder Zeit und innerhalb kürzester Frist die Erklärung des Rechtsmittels zu Protokoll der Geschäftsstelle ermöglicht werden kann (BGH, Beschl. v. 12.3.2014 – 1 StR 74/14).
Rdn 1114
b) Für die Protokollierung zuständig ist der Rechtspfleger (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) RPflG). Eine wirksame Protokollierung liegt nur vor, wenn der Beschwerdeführer oder sein gesetzlicher Vertreter persönlich vor dem Rechtspfleger erscheint (hierzu BGHSt 30, 64). Bei der Protokollierung ist die Vertretung durch einen Verteidiger nicht zulässig (OLG Düsseldorf MDR 1975, 73 [Ls.]; OLG Rostock VRS 86, 356).
☆ Die telefonische Einlegung der Rechtsbeschwerde ist unzulässig (BGHSt 30, 64; OLG Hamm DAR 1995, 457; s. aber LG Münster NJW 2005, 166 für telefonische Berufungseinlegung).telefonische Einlegung der Rechtsbeschwerde ist unzulässig (BGHSt 30, 64; OLG Hamm DAR 1995, 457; s. aber LG Münster NJW 2005, 166 für telefonische Berufungseinlegung).
Rdn 1115
c)aa) Sofern die Einlegung in Schriftform erfolgt, ist diese eingehalten bei handschriftlichen, maschinenschriftlichen oder mithilfe von Schreibcomputern verfassten Urkunden, die mit der Unterschrift des Urhebers versehen sind (wegen der Einzelh. → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Form, Teil A Rdn 1529 ff.; s.a. KK/Hadamitzky, § 79 Rn 70; auch Burhoff, HV, Rn 701 ff.). Eine ordnungsgemäße Unterschrift liegt vor, wenn der Schriftzug ein Mindestmaß an individuellen Merkmalen aufweist und dadurch die Identität des Urhebers ausreichend kennzeichnet (BGHSt 2, 77, 78; 12, 317; OLG Hamm StRR 2015, 42 [Ls., Strafantrag]; OLG Nürnberg NStZ-RR 2007, 151; Burhoff, EV, Rn 1174 f., 2912 ff.).
☆ Eine Rechtsbeschwerde, die auf dem Briefbogen des Verteidigers gefertigt ist und dessen Diktatzeichen trägt, ist aber auch dann wirksam, wenn sie versehentlich ohne Unterschrift des Verteidigers bei Gericht eingeht (Göhler/ Bauer , § 79 Rn 28; a. LG Düsseldorf StraFo 2012, 180).Briefbogen des Verteidigers gefertigt ist und dessen Diktatzeichen trägt, ist aber auch dann wirksam, wenn sie versehentlich ohne Unterschrift des Verteidigers bei Gericht eingeht (Göhler/Bauer, § 79 Rn 28; a. LG Düsseldorf StraFo 2012, 180).
Rdn 1116
bb) Übermittelt werden kann die Rechtsbeschwerdeeinlegung per Post, Telegramm, Fernschreiben oder Telefax (Rebmann/Roth/Herrmann, § 79 Rn 17; KK/Hadamitzky, § 79 Rn 71 ff.), sofern der Betroffene selbst die Rechtsbeschwerde einlegt. Legt der Verteidiger oder ein Rechtsanwalt für den Betroffenen Rechtsbeschwerde ein, muss er aufgrund der Regelung des § 32d S. 2, der über § 79 Abs. 3 und § 110c OWiG auch im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechende Anwendung findet, den Schriftsatz zwingend als elektronisches Dokument übermitteln, das den Voraussetzungen des § 32a Abs. 2 bis Abs. 4 genügt. Es empfiehlt sich die Übermittlung per besonderem elektronischen Anwaltspostfach (beA). Bei Missachtung dieser Formvorschrift verwirft bereits das AG die Rechtsbeschwerde als unzulässig (hierzu ua. KG, Beschl. v. 11.5.2022 – 3 Ws (B) 88/22; NJW 2022, 2286). Allerdings kann in einem solchen Fall Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden, da ein Verschulden des Verteidigers dem Betroffenen nicht zugerechnet wird (KG, a.a.O.; → Wieder...